Das islamische Bilderverbot

Sie sind wieder da: geköpfte Schaufensterpuppen in afghanischen Bekleidungsgeschäften (Abb.1). Aber nicht nur Frauenbilder schänden die an die Macht zurückgekehrten Taliban. Auch bei Männerbildern werden die Köpfe entfernt oder geschwärzt, etwa auf Werbeplakaten für Bodybuilding-Studios. Körperlichkeit an sich ist offenbar kein Problem, denn bis auf einen winzigen Slip sind solche Männer nackt – nur die Köpfe fehlen und somit das Leben.

Die Taliban wollen damit die strikte Einhaltung des vermeintlichen islamischen Bilderverbots demonstrieren.. Tatsächlich gab es in islamischen Umgebungen von alters her Vorbehalte gegen die Darstellung beseelter Lebewesen, insbesondere von Menschen. In sunnitischen Moscheen gelten solche Darstellungen bis heute als unerwünscht, und Porträts des Propheten Mohammed und seiner Gefährten sind auch außerhalb der Moschee problematisch, aber nicht ganz unmöglich. Die generelle Abneigung gegen alles Bildliche, sofern sie jemals existiert hat, ist nach der Erfindung der Fotografie jedoch fast widerstandslos abgeschafft worden; sogar die frommsten Prediger lassen sich ablichten (Abb. 2).  

Im Koran gibt es auch kein solches allgemeines Verbot. Zwar wettert die Schrift gegen Götzenbilder (tamāthīl), aber das ist noch kein generelles Bilderverbot. Gab es im 7. Jahrhundert überhaupt noch Götzenbilder? → Hawting ist der Meinung, dass es mit dem Heidentum in 5. Jahrhundert wohl getan war und → Crone hat gezeigt, dass Götzenbilder im Koran nur in historischen Kontexten vorkommen, zum Beispiel in den Erzählungen über Ibrāhīms Kampf gegen die Götzen.

Hadithe sind diejenigen Texte, in denen Bilder (ṣūra/ṣuwar/taṣāwīr, auch tamāthīl) verpönt werden, freilich oft nur bedingt. Eine Übersicht aller Texte zum Thema in vielen Hadith-Sammlungen bietet → Van Reenen, The ‚Bilderverbot‘. Er hat nicht weniger als 325 Hadithe zum Thema gesammelt und beispielhaft klassifiziert und analysiert. Darunter sind aber viele Dubletten und Varianten – letztlich handelt es sich um wenige Basistexte. Nachfolgend einige Beispiele, die ich jeweils in der kürzesten Fassung zitiere:

  • Der Prophet hat gesagt: Engel betreten kein Haus, in dem sich ein Hund oder eine bildliche Darstellung befindet.1

Die Erwähnung des Hundes macht deutlich, um was es hier geht: So ein Haus ist unrein, ungeeignet für das Gebet..

  • Aischa erzählte: Eines Tages, als ich einen Vorhang mit Darstellungen von Lebewesen (tamāthīl) vor eine Nische aufgehängt hatte, kehrte der Prophet von einer Reise zurück. Als er ihn sah, zerriss er ihn und sagte: „Diejenigen, die am Tag des Gerichts die schwerste Strafe bekommen, sind diejenigen die Gottes Schöpfung nachahmen!“ Wir machten daraus ein (oder zwei) Kissen.2

So musste das Gebet nicht vor solchen Abbildungen verrichtet werden und man konnte seine Verachtung dafür ausdrücken indem man sich darauf setzte.

  • Ich habe Mohammed sagen hören: Wer in dieser Welt ein Bild (ṣūra) macht, den wird am Jüngsten Tag beauftragt, ihm Leben einzuhauchen, und das wird er nicht können.3

Gemäß dem Koranver 59:24 ist nur Gott muṣawwir, also „derjenige, der ein Bild (ṣura) macht“. Auch hier ist der Punkt, dass der Mensch sich nicht anmaßen sollte, Gottes Schöpferkraft nachzueifern.
In einigen Hadithen wird auch berichte, dass der Prophet Bilder, die sich auf und in der Ka‘ba befanden, vernichten ließ. Manchen Texten zufolge durfte jedoch eine Madonna mit Kind verschont bleiben.4

Unter den ersten Kalifen gab es das Bilderverbot offensichtlich noch nicht. Münzen lügen nicht: Im westlichen Teil des arabischen Reiches wurden weiterhin römische Münzen mit Kaiserbild verwendet, manchmal sogar mit drei Kaisern. In Persien gab es persische Münzen mit Kaiserbild und auf dem Revers einem Feueraltar mit zwei Priestern. Bei Nachprägungen wurden Kreuze entfernt und islamische Formeln hinzugefügt, aber die Kaiserbilder wurden nicht entfernt. Kalif ‘Abd al-Malik (reg. 685–705) ließ als erster muslimischer Herrscher sich selbst auf seinen Münzen darstellen, mit Schwert und Peitsche, damit jeder wüsste, was für eine Art Herrscher er sei (Abb. 3). 696 ließ er aber Golddinare nur mit Texten prägen: Sie enthielten einen Koranvers, das Glaubensbekenntnis und eine Jahreszahl (Abb. 4). Woher dieser Sinneswandel kam ist unklar — war der Kalif vielleicht verärgert, weil der römische Kaiser Justinian II (reg. 685–695, 705–711) Münzen prägen ließ mit seinem eigenen Bildnis auf der einen und Jesus Christus mit dem Kreuz auf der anderen Seite (Abb. 5)? Und hatte Justinian das wirklich getan mit der Absicht, seinen arabischen Rivalen zu ärgern? Vielleicht spielte es mit, aber der Kaiser wird seine eigenen Gründe gehabt haben, sei es innenpolitische oder persönliche. Auch der Kalif kann seine eigenen Gründe gehabt haben für seine neue Münze: Die passte natürlich gut zu der Islamisierung, die er gerade in seinem Reich durchführte.

Viele der Hadithe entstanden in der Mitte des 8. Jahrhunderts, also in der heißen Phase des christlichen Bilderstreits. Aber die Bildlosigkeit des Islams ist älter. Sowohl im Felsendom in Jerusalem (692) als auch in der Großen Moschee von Damaskus (708–715) fehlen Abbildungen von Menschen oder Tieren gänzlich. Was hätte man auch abbilden können? Für die starken Symbolbilder des Christentums (Kreuz, Fisch, Gottesmutter, Apostel) hatte der Islam keine Entsprechungen.

Ob und wie das islamische Bilderverbot mit dem Bilderstreit in der oströmischen Staatskirche in Verbindung steht, bleibt unklar. Streitpunkt für die Kirche war die Frage, ob und wie die Verehrung von Ikonen in Gotteshäusern zulässig sei. Gar nicht, sagte Kaiser Leo III im Jahre 726. Der Staatsapparat und die Armee folgten ihm, während die Mönche und die einfachen Gläubigen die Verehrung der Ikonen verteidigten und weiterhin praktizierten. Der bekannte Kirchenvater Johannes von Damaskus (ca. 675–750), der in der Nähe von Jerusalem lebte, also mitten im arabischen Reich, verfasste drei Traktate zur Verteidigung der Ikonenverehrung.

Kaiser Leo ließ inzwischen Münzen mit nur Text prägen, was vermuten lässt, dass er ‘Abd al-Malik nacheiferte (Abb. 6). War das islamische Bilderverbot der Anlass für den christlichen Bilderstreit oder war es doch eher umgekehrt? So genau weiß es niemand, aber es ist klar, dass im Islam das Bilderverbot kein so wichtiges Thema war, während der christliche Bilderstreit dreißig Jahre lang die Gemüter erhitzte und im neunten Jahrhundert noch einmal aufflammte. Im Christentum haben am Ende die Ikonen gesiegt; im Islam eben nicht. 

Das Bilderverbot galt jedoch nur im religiösen Kontext und wurde nicht einmal von allen Schriftgelehrten vertreten. In den Jagdschlössern der Umayyaden-Kalifen befanden sich profane Bilder und Statuen, sogar von nackten und halbnackten Frauen (Abb. 7–8), und sie dürften auch sonst nicht gefehlt haben. Vereinfachend kann man sagen, dass an der Wand hängende oder hochstehende Bilder verboten sind, weil dann die Gefahr der Anbetung besteht; dass Bilder an öffentlichen Plätzen, wo gebetet wird, nicht erwünscht sind, da sie diese verunreinigen; und dass man an Gottes Stelle nichts schaffen wollen dürfe – was besonders die Bildhauerkunst verhinderte. Im privaten Bereich hingegen waren Abbildungen von Lebewesen normal.

Die Kirchen haben die bildenden Künste im Laufe der Jahrhunderte stark gefördert, aber die Moschee hatte keine solche Funktion. Auch die Fürstenhöfe bestellten keine großen bildlichen Werke. Soweit ein Mäzenatentum existierte, förderte es Architektur und Arabesken; ansonsten nur kleinformatige Arbeiten. Es gibt traditionell viele Tier- und Menschenbilder als Dekoration auf Geschirr, als Illustrationen in Biologie- und Geschichtsbüchern, auf Textilien und Papier, Porträts und Gruppenszenen, sogar mit dem Propheten (Abb. 9–11), unzählige Miniaturen in Büchern, Puppen für das Puppentheater und „Volkskunst“‘: Groschendrucke und Wandmalereien von der Pilgerreise nach Mekka. Je später, desto mehr bildende Kunst es gab, so scheint es; aber es kann auch sein, dass viel verloren gegangen ist. In späteren Jahrhunderten entstanden auch einzelne Malereien, vor allem in der Türkei, in Persien und Indien (Abb. 12–15).

Im 19. Jahrhundert ermöglichten die Lithographie und die Fotografie die Verbreitung von Bildern in großem Umfang. Die ältesten Fotos aus Konstantinopel und Kairo datieren von etwa 1850; die ersten Porträtfotos von der Arabischen Halbinsel von 1861. Von da an wollten alle geknipst werden und das Bilderverbot verschwand. Natürlich war es nötig, dies religiös zu begründen, aber das erwies sich als relativ leicht: Bei diesen neuen Bildern läge ja jeder Gedanke an Verehrung fern und etwas kreieren taten die Fotografen ohnehin nicht, wo die Kamera das eigentliche Werk tat und das Abgebildete nur „wiedergab“. Das Fernsehen nahm die letzten Hemmungen weg. Nur in schwer islamistischen Kreisen wird es noch durchgesetzt: bis vor kurzem bei extremen Wahhabis und jetzt wieder bei den Taliban.

ANMERKUNGEN
1. Bukhārī, Libās 88: قال النبي ص لا تدخل الملائكة بيتا فيه كلب ولا تصاوير (varianten: صور ، تماثيل )
2 Bukhārī, Libās 91: […] وعن عائشة ر قالت: قدم رسول الله ص من سفر وقد سترت بقرام لي على سهوة لي فيه تماثيل فلما رآه رسول الله ص هتكه وقال: أشد الناس عذابًا يوم القيامة الذين يضاهون بخلق الله. قالت: فجعلناه وسادة أو وسادتين.
3. Bukhārī, Libās 97: سمعت محمدا ص يقول : من صوّر صورة في الدنيا كُلّف يوم القيامة أن ينفخ فيها الروح وليس بنافخ.
4. Al-Azraqī, Akhbār Makka wa-mā djāʾa fīhā min al-āthār, Hrsg. Rushdī aṣ-Ṣāliḥ Malḥas, 2 dln., Madrid 1965, 165: لما كان يوم فتح مكة دخل رسول الله ص … وأمر بطمس تلك الصور فطمست. قال: ووضع كفيه على صورة عيسى بن مريم وأمه عليهما السلام. وقال: امحوا جميع الصور الا ما تحت يدي، فرفع يديه عن عيسى بن مريم وأمه Auch S. 168–169.

BIBLIOGRAFIE
– Patricia Crone, „The Religion of the Qurʾānic Pagans: God and the Lesser Deities,“ Arabica 57 (2010), 151–200.
– G. R Hawting, The Idea of Idolatry and the Emergence of Islam. From Polemic to History, Cambridge 1999.
– Silvia Naef, BIlder und Bilderverbot im Islam, München 2007. Das französische Original: Y a-t-il une «question de l’image» en Islam?, Paris 2004.
– Daan van Reenen, „The Bilderverbot, a new Survey,” Der Islam 67(1), (1990), 27–77.

Zurück zum Inhalt

Die Ka‘ba zerstört, der Koran verschwunden

Kurz vor dem Jüngsten Tag, also demnächst, werden nach sowohl christlichen wie auch islamischen Überlieferungen furchterregende Geschöpfe erscheinen, die der Menschheit das Leben schier unerträglich machen und Weh über die Erde verbreiten. Bei den Christen ist die Hauptfigur der Antichrist, bei den Muslimen der daǧǧāl, ebenfalls eine Art Antichrist.1 Aber Muslime kennen noch andere Endzeitgestalten: den Qaḥtānī, den Sufyanī und Ḏū as-Suwaiqatain. Überdies brechen zwei gewalttätige Völker los: Gog und Magog (Arabisch: Yāǧūǧ und Māǧūǧ) sowie ein Tier aus der Erde, und es ereignen sich Naturkatastrophen. Nach beiden Religionen wird dieser Schreckensperiode von dem wiederkehrenden, triumphierenden Jesus ein Ende gesetzt, und im Islam dazu noch von dem Mahdi. Es sind alte Prophezeiungen, die in Perioden der Ruhe und Wohlfahrt niemanden interessieren, aber in harten Zeiten immer wieder Menschen beängstigen.

Die wohl am wenigsten bekannte arabische Endzeitgestalt ist Ḏū as-Suwaiqatain, „der Dünnbeinige,“ der die Ka‘ba zerstören wird. Hier folgen zwei Hadithe zum Thema, überliefert von Bukhārī (810–870) bzw. Aḥmad ibn Ḥanbal (780–855):

  • Von ‘Abdallāh ibn ‘Umar: Ich habe den Propheten sagen hören: „Die Ka‘ba wird von Ḏū as-Suwaiqatain aus Äthiopien zerstört, der sie ihres Zierrats (ḥilya)2 beraubt und ihr die Hülle abzieht. Es ist, als ob ich ihn vor mir sehe: ein glatzköpfiges, krummbeiniges Männchen; er schlägt mit seiner Schaufel und seiner Spitzhacke darauf.“3
  • In einem Hadith des Hudaifa ibn al-Yaman heißt es: „Es ist, als ob ich einen Äthiopier vor mir sehe, mit roten Beinen und blauen Augen, mit einer platten Nase und einem dicken Bauch. Er hat seine Füße parallel auf die Ka‘ba gesetzt; er und einige Kumpane von ihm reißen sie Stein nach Stein ab und reichen einander die Steine weiter, die sie letztendlich ins Meer werfen.“4

Ein komischer Mensch ist das: Rote Beine und blaue Augen sind in Äthiopien rar, und dicke Bäuche ebenfalls. Aber „Äthiopisch“ steht im Hadith meist stellvertretend für „christlich“.5 Die Gefahr für die Ka‘ba kommt aus christlicher Ecke. Einer berühmten Erzählung zufolge versuchte Abraha, in vorislamischer Zeit der äthiopische Herrscher des Jemen, mit seinem Kriegselefanten Mekka zu erobern. Das sei durch göttliches Eingreifen misslungen, aber am Ende der Zeiten lasse Gott dann zu, dass Äthiopier das tun, was sie anscheinend schon immer tun wollten: die Ka‘ba abreißen. 

Was ist das mit den Beinen? Ḏū as-Suwaiqatain bedeutet wörtlich „der mit kleinen Unterschenkel/Beinen“. Eine Anzahl Araber, denen ich das Wort vorgelegt habe, deutete es spontan wie ich selbst: „kurze Beinchen“. Der Kommentator an-Nawawī (1234–77) ist aber der Auffassung, dass dünne Beine gemeint sind. Er fügt hinzu: „Von den Schwarzen ist bekannt, dass sie dünne Beine haben.“ Dem kann man beipflichten, insoweit es die Ureinwohner Nordostafrikas betrifft, die tatsächlich oft von schlanker und ranker Gestalt sind. Und die alte arabische Poesie beweist, dass er Recht hat.

Einige Klarheit über diese merkwürdige Gestalt gab mir nämlich die Lektüre von Manfred →Ullmann, Der Neger. Ullmann hat Hunderte alte arabische Verse gesammelt, in denen ein Ding, Tier oder Mensch mit einem Äthiopier oder einem anderem schwarzem Menschen verglichen wird. In etwa zwanzig Gedichtfragmenten wird ein Vogel Strauß mit einem Äthiopier oder einem Inder verglichen (S. 30–44). Die gemeinsame Eigenschaft, auf der das Vergleichen beruht, ist meistens das Schwarz der Haut und der Flügel und Deckfedern, aber es können auch die ranken Beine sein.
Ullmann zitiert S. 30 zum Beispiel ein Fragment des vorislamischen Dichters Ṣalā’a ibn ‘Amr, auch genannt al-Afwah al-Audī (gest. 570?). In seiner Übersetzung lautet es:

  • Ein [Straußenhahn] mit rotgefärbten Beinen […] Er gleicht einem schwarzen Abessinier mit dünnen Schenkeln, dem schwarze, unverständlich plappernde [Kinder] folgen, die Ringe in den Ohren haben.6

Nach der Lektüre dieses Verses wird der Hadith von Hudaifa verständlicher: Der Erzähler wollte wohl einen Äthiopier beschreiben, aber dann kam ihm der aus der Poesie bekannte Vergleich mit dem Strauß in den Sinn, schwarz und mit roten Beinen, der mit ihm durchging: Sowohl Strauße als auch Äthiopier sind ja für ihre dünnen Beine bekannt. Und während der Balz werden die Beine mancher Straußenarten tatsächlich rot! Der „dicke Bauch“ ähnelt natürlich dem dicken, dunklen Straußkörper, der mit seinen dünnen Beinen kontrastiert. Im Hadith wird nicht der Vogel Strauß mit einem Äthiopier verglichen, wie in der Poesie, sondern umgekehrt.

Auch zu seinen blauen Augen gibt es einiges zu sagen. Das hier oben ist einfach eine falsche, oberflächliche Übersetzung von mir, die sicherlich auch viele Kollegen machen würden. Azraq bedeutet heutzutage zwar ‘blau’, aber bei Farben in alten Texten empfiehlt es sich, in Wolfdietrich →Fischers Studie zu den altarabischen Farbbezeichnungen einzutauchen. Ullmann und Fischer haben beide monumentale Beiträge zur Kenntnis des alten Arabisch geleistet, die leider von modernen Arabisten zu wenig konsultiert werden. Zu azraq bietet Fischer nicht weniger als acht Seiten (S. 47–55). Daraus wird bald ersichtlich, dass die Augen des Ka‘ba-Zerstörers ganz und gar nicht blau sind. Im alten Arabisch bedeutete azraq etwas wie „schillernd, glitzernd, changeant“; man denke an die schillernden oder flackernden Augen eines Raubtiers. Und diese furchterregende Augen hat der Erzähler wohl von der anderen Endzeitfigur, dem Antichrist (daǧǧāl) geborgt, der genau solche hat.  

Im ersten zitierten Hadith ist Ḏū as-Suwaiqatain „glatzköpfig, krummbeinig“. Damit weiß ich nicht viel anzufangen. Vielleicht will damit nur gesagt sein, dass er äußerst hässlich ist?

Die Ka‘ba wird also zerstört, aber es kommt noch schlimmer: Auch den Koran wird es in der Endzeit nicht mehr geben, nach einem Hadith, der von ad-Darimi (797–869) überliefert wird:

  • Von Abdallah ibn Mas‘ud: „Rezitiert den Koran oft, bevor er weggenommen wird.“ Es wurde gesagt: „Diese Bücher werden also weggenommen werden! Aber was is mit dem, was in den Herzen der Menschen [auswendig gelernt] ist?“ Er antwortete: „Eines Nachts wird etwas kommen und es wegnehmen und am Morgen werden sie ohne es aufwachen. Sie werden sogar den Satz: ‘Es gibt keinen Gott außer Allah’ vergessen und sie werden anfangen, die Sprüche und Dichtung der Heidenzeit zu rezitieren. Das ist, wenn das Urteil über sie ergeht (Koran 27:82).“7

Warum wurden solche Texte erzählt? Um die Gläubigen erschaudern zu lassen und sie zu ermutigen, auf das Jüngste Gericht vorbereitet zu sein, indem sie ihren Glaube pflegen: zu pilgern und den Koran zu rezitieren so lange es noch geht. Das Urteil steht ja bevor! So man will, kann man auch Trost daraus schöpfen. Wie schlimm die Zeiten auch sein mögen, noch sind die Ka‘ba und den Koran vorhanden.

BIBLIOGRAPHIE
– Wolfdietrich Fischer, Farb- und Formbezeichnungen in der Sprache der altarabischen Dichtung. Untersuchungen zur Wortbedeutung und zur Wortbildung, Wiesbaden 1965.
– Manfred Ullmann, Der Neger in der Bildersprache der arabischen Dichter, Wiesbaden 1998.

ANMERKUNGEN
1. Er stammt aus der Bibel, Matthäus 24:24. In der syrischen Übersetzung: mesīḥē daggālē, „falsche Messiasse“. Auch im Arabischen kommt die Wortkombination al-masīḥ ad-daǧǧāl häufig vor. Zu unterscheiden sind: der „normale“ daǧǧāl, der auf einer Insel im Westen festgebundene daǧǧāl, und Ibn Ṣayyād. Zum Letzteren s. Wim Raven, „Ibn Ṣayyād as an Islamic ‘Antichrist’. A reappraisal of the texts,“ in Wolfram Brandes und Felicitas Schmieder (hrsg.), Endzeiten. Eschatologie in den monotheistischen Weltreligionen, Berlin 2008, S. 261–291; hier herunterzuladen. Zu anderen daǧǧāl-Varianten s. David Cook, Studies in Muslim Apocalyptic, Princeton (NJ) 2002.
2. Textvariante: „ihrem Schatz (kanz)“. Was hierunter zu verstehen ist, ist fraglich. In unserer Zeit ist die Ka‘ba leer.
3. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 220:

حدثنا عبد الله حدثني أبي ثنا أحمد بن عبد الملك وهو الحراني ثنا محمد بن سلمة عم محمد بن إسحق عن ابن أبي نجيح عن مجاهد عن عبد الله بن عمر، وقال سمعت رسول الله ص يقول: يخرب الكعبة ذو السويقتين من الحبشة ويسلبها حليتها، ويجرّدها من كسوتها، ولكأني أنظر إليه أصيلع أفيدع يضرب عليها بمسحاته ومعوله.

4. Al-Qasṭallānī, Irshād al-Sarī fī Sharḥ al-Bukhārī, dl. iii, Bulaaq 1304, p. 161::

كما ورد في حديث حذيفة مرفوعًا، كأني أنظر الى حبشي أحمر الساقين أزرق العينين أفطس الأنف كبير البطن وقد صف قدميه على الكعبة هو وأصحاب له ينقضونه حجرًا حجرًا يتداولونها حتى يطرحرها في البحر.

5. Wim Raven, „Some early Islamic texts on the negus of Abyssinia,“ JSS 33 (1988), 197–218, insbes. S. 216–18; hier herunterzuladen.

6. خَاضِبٌ … كَالأسْوَدِ الحَبَشِيِّ الحَمْشِ يَتْبَعَهُ سُودٌ طَمَاطِمُ فِي آذَانِهَا

7. Al-Dārimī, Sunan, Faḍā’il al-Qur‘ān 4:

عَبْدِ اللَّهِ بن مسعود قَالَ : ” أَكْثِرُوا تِلاوَةَ الْقُرْآنِ قَبْلَ أَنْ يُرْفَعَ ” قَالُوا : هَذِهِ الْمَصَاحِفُ تُرْفَعُ ! فَكَيْفَ بِمَا فِي صُدُورِ الرِّجَالِ ؟ قَالَ : ” يُسْرَى عَلَيْهِ لَيْلا فَيُصْبِحُونَ مِنْهُ فُقَرَاءَ ، وَيَنْسَوْنَ قَوْلَ لا إِلَهَ إِلا اللَّهُ“، وَيَقَعُونَ فِي قَوْلِ الْجَاهِلِيَّةِ وَأَشْعَارِهِمْ ، وَذَلِكَ حِينَ يَقَعُ عَلَيْهِمْ الْقَوْلُ

Zurück zum Inhalt

Die vermeintliche Krankheit Mohammeds – 1: Epilepsie

Die Gesundheit des Propheten Mohammed muss robust gewesen sein. Er hat ja eine Gemeinde gegründet, eine Botschaft verbreitet, Widerstand ertragen, Kriegszüge geführt, einen Staat eingerichtet und noch einiges mehr. Ein krankhafter Mann bringt das nicht fertig. Keiner der zahlreichen alten arabischen Quellentexten zu Mohammed teilt etwas mit über eine ernsthafte Krankheit des Propheten, oder über seinen Gesundheitszustand überhaupt — mit Ausnahme der Erzählungen zu seinem Sterbebett.1 Sterblich war er allemal.

In Europa dagegen „wusste“ man immer, dass der Prophet sein ganzes Leben lang schwer und chronisch krank war. Dem Kirchenvater Theophanes Confessor (Konstantinopel 760–Samothrake 818) zufolge litt er nämlich an Epilepsie, und diese Mär wurde in Europa in der lateinischen Übersetzung von Anastasius Bibliothecarius (± 810–878) jahrhundertelang verbreitet: ein ruhmloses Kapitel in den Beziehungen zwischen Europa und dem Nahen Osten. Im 18., vor allem im 19. Jahrhundert wurden immer mehr alte arabische Texte in Europa bekannt. Es standen Orientalisten auf, die sie fleißig studierten und einsahen, dass das mit der Epilepsie nicht stimmen konnte, oder gar nicht mehr daran dachten. Aloys Sprenger, ein Orientalist, der auch Medizin studiert hatte, meinte 1861 noch, dass Mohammed zwar nicht an Epilepsie, sondern an Hysterie gelitten habe, eine typische Krankheit seines eigenen Jahrhunderts. Danach hörte man kaum noch von einer Krankheit, aber neuerdings kommt der Gedanke, dass Mohammed krank war, wieder auf. Diesmal nicht in kirchlichen oder orientalistischen Kreisen, sondern bei Islamhassern, die eine Auswahl an Koranversen und übersetzten Quellentexte verwenden—ohne allerdings in der Lage oder bereit zu sein, diese zu verstehen. Allerdings scheint der Glaube an Mohammeds Epilepsie endgültig aus der Mode geraten zu sein: ein Verfasser hält es vielmehr für bewiesen, dass er an Akromegalie litt und ein anderer diagnostiziert Schizophrenie. Welche Krankheit dem Propheten auch immer angedichtet wird, sie soll immer auch seine vermeintliche Geistesgestörtheit und Sexbesessenheit erklären, denn darauf möchten die europäischen Islamhasser ungerne verzichten.
.
Fangen wir an bei Theophanes. Dieser kannte offensichtlich eine Fassung der Erzählung über das erste Offenbarungserlebnis auf dem Berg Hirā, in der der Prophet nach dem ersten Schrecken Schutz und Trost suchte bei seiner Frau Khadīdja.2 Er schreibt:

  • Weil er arm und verwaist war, gefiel es dem besagten Mouamed, als Angestellter in den Dienst einer reichen Frau zu treten, die Chadiga hieß und eine Verwandte von ihm war, um mit Kamelkarawanen in Ägypten und Palästina Handel zu treiben. Nach und nach erdreistete er sich, sich an die Frau heranzumachen, die Witwe war; er nahm sie als Gattin und erwarb ihre Kamele und das Vermögen. Wann immer er nach Palästina kam, verkehrte er mit Juden und Christen und verfolgte bei ihnen bestimmte Sachen, die Schriften betreffend. Er litt an Epilepsie. Als seine Frau davon erfuhr, war sie sehr traurig, da sie als Frau von vornehmer Herkunft einen Mann wie ihn geheiratet hatte, der nicht nur arm, sondern auch Epileptiker war. Er versuchte sie trügerisch zu beschwichtigen, indem er sagte: „Ich sehe die Erscheinung eines Engels namens Gabriel, und da ich seinen Anblick nicht aushalten kann, werde ich ohnmächtig (?) und falle hin.“3

So war der Prophet Theophanes zufolge nicht nur krank, sondern auch ein Betrüger: die ganze Offenbarung war somit Betrug. Aber passt es nicht hervorragend in Erzählungen zu einem Berufungs- oder Offenbarungserlebnis, dass ein Prophet sich vor Schrecken und Ehrfurcht zu Boden wirft? Im Alten Testament passiert das, wenn ein Prophet mit dem Göttlichen konfrontiert wird, z.B. Hesekiel 1:28, 3:23. Der hebräische Ausdruck ist wa-eppol al panay, ואפל על פני , von Luther wörtlich übersetzt mit: „ich fiel (nieder) auf mein Angesicht.“ Man sollte dabei wohl eher an ein aktives „sich Niederwerfen“ denken. Theophanes, der die Bibel auf Griechisch las, muss dieses biblische πίπτω ἐπὶ πρόσωπόν μου gelesen haben, ohne es jedoch in Verbindung zu bringen mit dem Mohammed angedichteten „Fallen“, das in der von ihm gehörten Erzählungen bestimmt genau so gemeint ist. Sonst hätte er sich mal fragen sollen, ob der biblische Prophet Hesekiel etwa auch Epileptiker gewesen war. Aber nein, das konnte zu seiner Zeit natürlich noch bei keinem Christ aufkommen: Die biblischen Erzählungen sind ja hundertprozentig wahr und berichten von wirklichen Ereignissen, während sie nichts gemeinsam haben mit ähnlichen Erzählungen über Mohammed, die völlig gelogen sind. 

Das ganze Mittelalter hindurch und noch später hörte man immer wieder von Epilepsie. Über die zerrüttete Beziehung zwischen dem westlichen Christentum und der Welt des Islams kann man bei Daniel lesen, für die spätere Zeit auch bei →Tolan. Ich zitiere als Beispiel nur noch Luther, der die Schrift Confutatio Alcorani seu legis Saracenorum von Ricoldo da Monte di Croce O.P. (gest. 1320) übersetzte:

[…] Da brach herfur Mahmet ein Araber / der nu reich worden war / durch eine Widwen / die er gefreiet hatte / Darnach ward er ein Heubtman unter den strassen reubern und kam in solche hoffart / das er König in Arabien zu werden gedacht. Aber weil er eins geringen herkomens und ansehens war / namen sie jn nicht an. Da gab er sich fur einen Propheten aus / Und nach dem er das Falubel / oder die fallende seuche hatte / und stets darnider fiel / auff das niemand gleubete / das er solche Plage hatte / sprach er / Ein Engel hette mit jm geredt. Und sagt darnach etliche Sprüche / welche er hette gehort (wie er sagt) wie eine Glocke / die umb seine ohren geklungen hette.4

Hier klingt nicht nur ein Echo der Erzählung zum ersten Offenbarungserlebnis, sondern auch das eines Hadiths:

Al-Hārith ibn Hishām fragte den Propheten: „Wie kommt die Offenbarung zu Dir?“ Er antwortete: „Manchmal kommt sie zu mir wie das Läuten einer Glocke; das ist das Härteste für mich, und wenn es abklingt, behalte ich sie. Und manchmal kommt ein Engel in Gestalt eines Mannes zu mir und ich behalte das, was er sagt.“5

Es gibt tatsächlich mehrere Hadithe, in denen ein Offenbarungserlebnis des Propheten beschrieben wird. Vielleicht glauben Muslime, dass diese einen wirklichen Tatbestand wiedergeben, aber Nichtmuslime müssen das keineswegs. Ich halte sie für fromme Dichtung.
.
Wie die Krankheit Mohammeds sich in der Neuzeit entwickelte, folgt im 2. Teil.

ANMERKUNGEN
1. Den ältesten Quellen zufolge (z.B. Ibn Isḥāq, Sīra 999–1011) fing sein Sterbebett mit heftigen Kopfschmerzen an. Hatte er eine Hirnblutung, einen Hirntumor, eine Hirnhautentzündung oder waren die Kopfschmerzen sekundär, verursacht durch eine andere Grunderkrankung? Wir wissen es nicht und spekulieren ist völlig sinnlos: Die Quellen reden nur von Kopfschmerzen. Ein Text sagt aus, dass der Prophet sich weigerte, ein (Zauber?)-Medikament aus Äthiopien einzunehmen. An anderer Stelle erfahren wir, dass der Prophet einen Verband um den Kopf trug und zu schwach geworden war, das Gebet zu leiten. Bei jemandem, der dem Tod nahe ist, ist das nicht verwunderlich. Zum Tod des Propheten siehe hier.
2. Ibn Isḥāq, Sīra 151–4.
3. Theophanes, Chronographia i, 333-4: ἀπόρου δὲ καὶ ὀρφανοῦ ὄντος τοῦ προειρημένου Μουάμεδ, ἐδοξεν αὐτῷ εἰσιέναι πρός τινα γυναῖκα πλουσίαν, συγγενῆ αὐτοῦ οὖσαν, ὀνόματι Χαδίγαν, μίσθιον ἐπὶ τῷ καμηλεύειν καὶ πραγματεύεσθαι ἐν Αἰγύπτῳ καὶ Παλαιστίνη. κατ’ ὀλιγον δὲ παρρησιασάμενος ὑπεισῆλθε τῇ γυναικὶ χήρα οὖσῃ, καὶ ἔλαβεν αὐτὴν γυναῖκα καὶ ἔσχε τὰς καμήλους αὐτῆς καὶ τὴν ὓπαρξιν. ἐρχόμενος δὲ ἐν Παλαιστίνῃ συνανεστρέφετο Ἰουδαίοις τε καὶ Χριστιανοῖς. ἐθηρᾶτο δὲ παρ’ αὐτῶν τινὰ γραφικά, καὶ ἔσχε τὸ πάθος τῆς ἐπιληψίας. καὶ νοήσασαι ἡ τούτου γυνὴ σφόδρα ἐλυπεῖτο, ὡς εὐγενὴς οὖσα καὶ τῷ τοιούτῳ συναφθεῖσα οὐ μόνον ἀπόρῳ ὄντι, ἀλλὰ καὶ ἐπιληπτικῷ. τροποῦται δὲ αὐτὸς θεραπεῦσαι αὐτὴν οὓτω λέγων, ὃτι ὀπτασίαν τινὰ αγγέλου λεγομένου Γαβριὴλ θεωρῶ, καὶ μὴ ὑποφέρων τὴν τούτου θέαν ὀλιγωρῶ καὶ πίπτω. (@Was ὀλιγωρῶ hier bedeutet, ist mir nicht klar; ich muss es in der UB in einem Spezialwörterbuch nachschlagen.)
4. Luther, Verlegung, Kap. 13.
5. Muslim, Sahīh, Fadā’il 87: أن الحارث بن هشام سأل النبي ص: كيف يأتيك الوحي؟ فقال: أحيانًا يأتيني في مثل صلصلة الجرس وهو أشدُّه عليه ثم يفصِم عنّي وقد وعيته، وأحيانًا ملَك في مثل صورة الرجل فأعي ما يقول.
Auch Hesekiel (1:28) will laute Klänge gehört haben: „Und wenn [die Engel] gingen, hörte ich ihre Flügel rauschen wie große Wasser, wie die Stimme des Allmächtigen, ein Getöse wie in einem Heerlager.“

BIBLIOGRAPHIE
– Norman Daniel, Islam and the West, Oxford 1960, 1993.
– Ibn Isḥāq, Sīra: Das Leben Muhammed’s nach Muhammed Ibn Ishâk bearbeitet von Abd el-Malik Ibn Hischâm, ed. F. Wüstenfeld, Göttingen, 2 Tle., 1858–60.
– Martin Luther: Verlegung | des Alcoran | Bruder Richardi | Pre-|diger Ordens | An-|no. 1300 | Verdeudscht durch | D. Mar. Lu., Wittemberg 1542, Kap. 13. Die Abhandlung ist mehrfach online vorhanden; einfach googeln.
– Theophanes: Theophanis Chronographia, Hrsg. Carl de Boor. 1. Textum Graecum continens, Leipzig 1883, Nachdruck Hildesheim 1980.
– Theophanes: The chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern history A.D. 284–813, transl. with introd. and commt. by Cyril Mango and Roger Scott, with the assistance of Geoffrey Greatrex, Oxford 1997, Reprint 2006.
– John V. Tolan, Faces of Muhammad. Western Perceptions of the Prophet of Islam from the Middle Ages to Today, Princeton & Oxford 2019.

Diakritische Zeichen: Ḥirāʾ, Ḫadīǧa, Ṣaḥīḥ, Faḍā’il, Al-Ḥārit ibn Hišām

Zurück zum Inhalt

Die ältesten Quellen zur Mohammedbiografie (sira)

Es ist wenig sinnvoll immer nur die berühmte Mohammedbiografie von Ibn Isḥāq (gest. 767) in der Rezension des Ibn Hišām (gest. ± 828) zu lesen. Die Schriften des ‘Urwa ibn az-Zubair zum Beispiel sind erheblich älter und mindestens so wichtig. Hier folgt ein Überblick der frühesten Quellen, von denen immer mehr in Übersetzungen gelesen werden können. Meiner Meinung nach sind die späteren sira-Bücher weniger interessant, obwohl man immer wieder darauf hinweist, dass späte Werke frühe Texte enthalten können. Mag sein; es gibt aber erst noch sehr viel zu lesen, das nachgewiesen alt ist.

– Die Erzähler, Qiṣṣa: hier kurz behandelt. Wichtig ist Wahb ibn Munabbih.


Sīra-Sammlungen

Diese Werke sind in Übersetzungen vorhanden:

‘Urwa ibn az-Zubair (gest. 711). Sehr alte Berichte über den Propheten: A. Görke en G. Schoeler, Die ältesten Berichte über das Leben Muḥammads. Das Korpus ‘Urwa ibn az-Zubair, Princeton 2008. 

Ibn Isḥāq (gest. 767), englische Übersetzung: Alfred Guillaume, The Life of Muhammad. A translation of Ibn Ishāq’s Sīrat Rasūl Allāh, Oxford 1955, Nachdruck Karachi 1978; deutsche Übersetzung einer Auswahl aus den Texten: Ibn Isḥāq, Das Leben des Propheten, übers. Gernot Rotter, Kandern 1999.   

– Ma‘mar ibn Rāshid (gest. 770). So alt wie Ibn Ishāq, aber mal eine andere Auswahl. Englische Übersetzung: Sean W. Anthony, The Expeditions. An Early Biography of Muhammad, New York University Press 2015.

– Al-Wāqidī (gest. 822), Übers. Rizwi Faizer en Abdulkader Tayob, The Life of Muhammad, al-Wāqidī’s Kitāb al-Maghāzī, New York 2011. Übers. Julius Wellhausen, Muhammed in Medina. Das ist Vakidi’s Kitab alMaghazi in verkürzter deutscher Wiedergabe, Berlin 1882 (Es existieren Nachdrucke).

– Ibn Sa‘d (gest. 845), Kitāb al-Tabaqāt al-Kabīr Band 1 und 2, Übers. S. Moinul Haq, Pakistan Historical Society 1967 en 1972 (Es existieren Nachdrucke).

Für die späteren sīra-Werke →Kister, Sīrah, 366–7 und →Schöller, Exegetisches Denken, 64–70.

Wer es wirklich nicht lassen kann, kann den bei Salafisten beliebten Ibn Kathīr (± 1300–1373) in englischer Übersetzung lesen: The Life of the Prophet Muhammad, 4 vols., trans. Trevor Le Gassick, Reading 1998–2000.


– Hadithsammlungen
Verschiedene Hadithsammlungen haben eine maġāzī-Abteilung, d.h. ein Kapitel über die Kriegszüge des Propheten, aber auch über die Biografie generell. So z.B. die Sammlungen von →Ibn Abī Shaiba (Muṣannaf, xiv, 283-601) und →al-Bukhārī (Ṣaḥīḥ, Maghāzī). Der oben erwähnte Ma‘mar ibn Rāshid bietet auch Hadithe, aber seine Sammlung bildet ein separates Textblock mit Ansätze zu einer Komposition, was in den sonstigen Hadithsammlungen nicht der Fall ist; deshalb habe ich ihn unter den sīra-Werken aufgenommen. Auch sonst kommen sīra-Fragmente überall zerstreut in den Sammlungen vor. Viele Erzählungen, die in den frühesten Quellen keine oder nur eine mangelhafte Überliefererkette (isnad) hatten, wurden salonfähig gemacht, indem man sie mit einer Kette versah und in die sog. „kanonischen“ Hadithsammlungen hinüberrettete. Hadith will aber nicht immer gerne erzählen, sondern konzentriert sich vor allem auf das, was erlaubt, unerlaubt oder ethisch empfehlenswert ist. Sira-Elemente können im Hadith deshalb de- oder rekontextualisiert werden. Es ist zum Beispiel interessant zu sehen, wie die Benutzung eines Zahnholzes durch den Propheten auf seinem Todesbett (→Ibn Isḥāq, 1011) sich im Hadith von einem kleinen Erzählelement in ein Beispiel für das Alltagsleben verwandelte (→Bukhārī, Ṣaḥīḥ, Maghāzī 83 und Djum‘a 9, und →Raven, Chew stick). Es gibt aber auch Hadithe, die aussehen, als enthielten sie Biographisches, aber die in Wirklichkeit von Anfang an als Grundlage einer Rechtsregel gemeint waren. Ich rechne dazu z. B. das Material zu Māriya, einer koptischen Sklavin, die dem Propheten von einem christlichen Herrscher, dem  Muqauqis von Alexandrien, geschenkt sein soll und laut Überlieferung Ibrāhīm, das jung verstorbene Söhnchen des Propheten, gebar. Zu Ibrāhīm steht mein Artikel hier, über Māriya hier.

BIBLIOGRAFIE
Die Quellentexte auf Arabisch
– Ibn Isḥāq: Das Leben Muhammed’s nach Muhammed Ibn Ishâk bearbeitet von Abd al-Malik Ibn Hischâm, Hrsg. F. Wüstenfeldt. 2 Bde., Göttingen 1858-60.
– Ibn Sa‘d (gest. 845), Kitāb al-Tabaqāt al-Kabīr, Hrsg. E. Sachau e.a., Leiden 1904–1921. Die Biografie steht in Bd. 1 und 2.
– Ibn abī Shaiba, Musannaf, 15 Bde., Haydarābād 1966 ff.
– Ma‘mar ibn Rāshid: in ‘Abd al-Razzāq al-San‘ānī, Muṣannaf, 11 Bde. + Indexband, Beirut 1973. Ma‘mars Maghāzī stehen in Bd. 5; pdf hier.
– Al-Wāqidī, The Kitāb al-Maghāzī, Hrsg. Marsden Jones, 3 vols. London 1966.

Sekundär
– M. J. Kister, ‘The sīrah literature,’ in: A.F.L. Beeston (Hrsg.), The Cambridge History of Arabic Literature. Arabic literature to the end of the Umayyad period, Cambridge 1983, 352–67. Auch online.
– Wim Raven, ‘The Chewstick of the Prophet in Sīra and ḥadīth,’ in: Islamic Thought in the Middle Ages. Studies in Text, Transmission and Translation, in Honour of Hans Daiber, Edited by Anna Akasoy and Wim Raven, Leiden/Boston 2008, 593–611. Hier online.
– M. Schöller, Exegetisches Denken und Prophetenbiographie. Eine quellenkritische Analyse der Sīra-Überlieferung zu Muḥammads Konflikt mit den Juden, Wiesbaden 1998.

Diakritische Zeichen: Ibn Isḥāq, qiṣṣa, al-Ṣanʿānī, Šaiba, Muṣannaf, Buḫārī, Ṣaḥīḥ, Maġāzī, Ǧumʿa, Ḥaydarābād

Zurück zum Inhalt

Rassismus im frühesten Islam? Der Fall Bilal

🇳🇱 Wenn es unter den alten Arabern und/oder den ersten Muslimen Rassismus gab, hat sich das vielleicht bemerkbar gemacht in den Texten über Bilāl ibn Rabāḥ al-Ḥabashī, den ersten muslimischen Muezzin, der eine schwarze Mutter hatte. Es bleibt allerdings fraglich, ob man über ihn und seine Zeit etwas erfahren kann, denn viele Texte über ihn wurden erst ein Jahrhundert nach ihm oder später verfasst und enthalten daher keine Informationen über möglichen Rassismus im frühesten Islam. Trotzdem möchte ich hier einige Texte über ihn anschauen.
.
Bilāl wurde in Mekka als Sklave eines Mannes aus dem Stamm Djumaḥ geboren. Seine Mutter Ḥamāma war eine äthiopische Sklavin. Er wird also ein dunkle Haut und vielleicht krauses Haar gehabt haben.
.
Der Wikipedia zufolge wurde er am 5. März 581 geboren und starb am 2. März 640; nun, wer es glaubt wird selig. Normalerweise weiß die Wiki viel weniger als es zu wissen gibt, aber manchmal auch mehr.
.
Es wird erzählt, dass er ein Sklave von Umayya ibn Khalaf al-Djumaḥī war, einem Mitglied der vorislamischen Elite von Mekka, oder von jemand anderem aus demselben Stamm. Sobald der Name Umayya fällt, muss der Historiker besonders vorsichtig sein. Dieser Umayya ist der Vorfahr der Umayyaden-Dynastie (661–750) und die hatte eine schlechte Presse bei den späteren islamischen Historikern, so dass die Texte über sie stark manipuliert wurden.
Bilāl soll ein guter Sklave gewesen sein, weil uns mitgeteilt wird, dass er mit der Verwaltung der Schlüssel zu den Götzen betraut wurde
.1 Was genau das bedeutet, ist nicht klar, aber es klingt nach einer verantwortungsvollen und ehrenvollen Aufgabe. Also hier keine Spur von Rassismus: Ein schwarzer Sklave war offenbar in der Lage, diese wichtige Funktion zu übernehmen. Nach islamischen Regeln kann ein Sklave keine religiöse Funktion ausüben. Dieser Text will vielleicht an erster Stelle betonen, dass es in der vorislamischen Barbarei anders war.
.
Aus heidnischer Sicht liefen die Dinge jedoch schief, weil Bilāl sich Mohammeds Bewegung anschloss. Traditionell ausgedrückt: Er wurde Muslim, einer der ersten. Der Islam wird oft als attraktiv für sozial Schwache und damit auch für Sklaven dargestellt. Als Umayya von seinem Übergang erfuhr, war er wütend und ließ ihn foltern:

  • Bilāl war als Sklave geboren worden und gehörte jemandem von der Sippe Djumaḥ. Sein Vater hieß Rabāḥ, seine Mutter Ḥamāma. Er war aufrichtig imn Glauben un drein im Herzen. Umayya, einer der führenden Männer der Djumaḥ, brachte Bilāl oft in der größten Mittagshitze hinaus in das breite Tal von Mekka, warf ihn auf den Rücken, ließ ihm einen mächtigen Stein auf die Brust legen und sprach:
    „Du bleibst so liegen bis du stirbst, wenn du nicht Mohammed abschwörst und nicht zu den Göttinnen Lāt und ‘Uzzā betet.”
    „Einer! Einer!“ rief Bilāl und bekannte sich trotz seiner Bedrängnis zum einzigen Gott.
    Von seinem Vater erzählte mir Hishām ibn ‘Urwa folgendes: Als Bilāl so gequält wurde und „Einer! Einer!“ rief, kam einmal Waraqa ibn Naufal vorüber, bestärkte Bilāl in seinem Glauben und trat dann auf Umayya und die anderen vom Stamme Djumaḥ zu, die sich an der Folterung Bilāls beteiligten.
    „Ich schwöre bei Gott,“ sprach er zu ihnen, „wenn ih ihn auf diese Weise umbringt, werde ich sein Grab zu einer Wallfahrtsstätte machen.“
    Auch Abū Bakr kam eines Tages dazu, als die Djumaḥ, in deren Viertel sein Haus stand, Bilāl peinigten. Er fragte Umayya:
    „Fürchtest du nicht Gott, dass er dich bestrafen wird für das, was du mit diesem Armen tust? Wie lange soll das noch gehen?“
    „Du warst es doch, der ihn verdorben hat,“ erwiderte Umayya, „nun befreie du ihn auch aus der Lage, in der du ihn jetzt siehst!“
    „Ja, ich werde es tun,“ entgegnete Abū Bakr, „ich habe einen schwarzen Sklaven, der kräftiger und stärker ist als er und deinem Glauben angehört. Den gebe ich dor für Bilāl.“
    Umayya war damit einverstanden. Abū Bakr aber nahm Bilāl und entließ ihn aus dem Sklavenstand.2

Eine vollständig islamisierte Märtyrergeschichte also. Aber wurde Bilāl gefoltert, weil er schwarz war? Keine Spur davon in der Überlieferung: Der einzige Grund war, dass er sich Mohammed angeschlossen hatte. Diesem Text zufolge wurde jedoch ein schwarzer Sklave gegen einen anderen schwarzen Sklaven ausgetauscht; für diesen Autor war es in der Tat eine separate Kategorie. Nach einer anderen Version wurde Bilāl gegen einen nicht näher bezeichneten Sklaven ausgetauscht, oder gegen eine Sklavenfamilie von drei Personen.
.
Von nun an keine Sklavenarbeit mehr für Bilāl, aber was sollte er jetzt tun? Er hatte keinen Stamm, auf den er zurückgreifen konnte. Für eine Weile arbeitete er als Hirte für seinen Wohltäter Abū Bakr. Aber er hatte eine schöne, kraftvolle Stimme, und Mohammed ernannte ihn kurz nach der Hijra zu seinem Muezzin, dem Ausrufer der täglichen Gebete. Ein Hadith über Letzteres lautet wie folgt:

  • …von ‘Abdallāh ibn ‘Umar: Als die Muslime nach Medina kamen, kamen sie immer zusammen, um die Gebetszeiten zu bestimmen; zu dieser Zeit gab es noch keinen Aufruf. Eines Tages, als sie darüber sprachen, sagten einige: „Lasst uns Klapper benutzen, wie die Christen.“ Andere sagten: „Nein, ein Horn, genau wie die Juden.“ ‘Umar sagte:“ Warum schicken wir nicht einen Mann um zum Gebet auf zu rufen? „Dann sagte der Prophet: „Bilal, steh auf und rufe zum Gebet!“3

Bilal

Bilals Aufruf zum Gebet auf der Ka‘ba

Bei dieser Ernennung wurden keine rassistischen Kommentare gehört—wenigstens sind sie nicht überliefert worden. Es heißt jedoch, dass der Prophet bei der Eroberung von Mekka Bilāl anwies, vom Dach der Ka‘ba aus zum Gebet aufzurufen, und bei dieser Gelegenheit gab es durchaus rassistische Gehässigkeiten:

  • [Koranvers 49:13] wurde über Bilāl, den Muezzin—aber es wird auch gesagt: über Salmān de Pers—und über vier Quraischitische Männer offenbart, nämlich ‚Attāb ibn Asīd ibn abī al-‚Īṣ, al-Ḥārith ibn Hishām, Suhail ibn ‚Amr und Abū Sufyān ibn Ḥarb, alle aus der Quraisch. Nach der Eroberung von Mekka befahl der Prophet Bilāl, auf die Ka’ba zu steigen und dort zum Gebet aufzurufen. So wollte er die Heiden demütigen. Als Bilāl darauf geklettert war und den Anruf getätigt hatte, sagte ‘Attāb: „Lob sei Gott, dass er [meinen Vater] Asīd vor diesem Tag zu sich genommen hat.“ Und Ḥārith sagte: „Ich bin verwundert über diesen äthiopischen Sklaven. Konnte der Prophet nichts anderes als diesen schwarzen Raben[, diesen Unglücksvogel] finden?“ Suhail sagte: „Wenn Gott etwas hasst, ändert er es.“ Und Abū Sufyān sagte: „Ich werde gar nichts sagen, denn wenn ich etwas sage, wird der Himmel gegen mich aussagen und die Erde wird über mich berichten.“
    Dann stieg Gabriel zum Propheten hinab und erzählte ihm, was sie gesagt hatten. Der Prophet schickte nach ihnen und sagte: „Was hast du gesagt, ‘Attab? Du hast recht. Und du, Ḥārith? Du hast recht. Und du, Suhail? Du hast recht. Und du, Abū Sufyān? Du hast recht.“
    Darauf offenbarte Gott: „Ihr Menschen! Wir haben euch …“ usw., über Bilāl und diese vier Männer […]4

In Varianten dieser Geschichte tauchen auch folgende Ausdrücke auf: „Schau mal, diesen Äthiopier!“, „Dieser Schwarze“, „Dieser Sklave“ und „Der Sohn einer schwarzen Frau“. Hier ist Rassismus zu erkennen, wenn auch nur bei einigen Einwohnern des noch heidnischen Mekkas, die das neue Zeitalter noch nicht verstanden hatten. Dieser Vorfall soll der Anlass für die Offenbarung von Koran 49:13 gewesen sein—obwohl auch andere „Anlässe“ für diesen Vers gegeben werden:

  • „Ihr Menschen! Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr euch kennenlernt. Der Angesehenste von euch bei Gott ist der Gottesfürchtigste.“5

Es ist gut möglich, dass die Geschichte über Bilāl auf der Ka’ba aufgrund dieses Korantexts erfunden wurde. In dem Fall ist sie wertlos für die Geschichtsschreibung, aber sie zeigt, dass die späteren Autoren sich rassistische Gedanken gut vorstellen konnten. Auf muslimischer Seite war jedoch kein Rassismus im Zusammenhang mit Bilāl zu erkennen. Wie könnte es auch? Der Mann genoss hohes Ansehen: Er war nicht nur Muezzin, sondern auch Adjudant und Schatzmeister des Propheten und nahm an allen seinen Feldzügen teil, und später in Syrien am Dschihad. Vielmehr war er der Anlass für die frühen Muslime, jeglichen Rassismus oder Stammes-Chauvinismus mittels der Kupplung mit einem Koranvers zu bekämpfen. Das war durchaus praktisch, weil es viele Schwarze und Ausländer gab, die, sobald sie Muslime geworden waren, Anspruch auf Gleichbehandlung hatten.
.
In einer Version der Abschiedsrede des Propheten bei seiner letzten Pilgerreise wird es noch deutlicher zum Ausdruck gebracht:

  • „Menschen! Euer Herr ist ein Einziger und euer Vater ist ein Einziger. Ein Araber ist nicht besser als ein Nicht-Araber und ein Nicht-Araber ist nicht besser als  ein Araber. Ein Roter (aḥmar) steht nicht über einem Schwarzen, und ein Schwarzer steht nicht über einem Roten, es sei denn, in Gottesfurcht.“6

 
Nächste Themen:
Rassismus in der Antike
Der schwarze Dichter ‘Anṭara
Rassismus in der alten arabischen Poesie?
Rassismus in der späteren Poesie
Rassistische Theorien, u.a. von al-Djāḥiẓ

BIBLIOGRAFIE
– Ibn Isḥāq: Das Leben Muhammed’s nach Muhammed Ibn Ishâk bearbeitet von Abd el-Malik Ibn Hischâm, Hrsg. F. Wüstenfeld, Göttingen, 2 Bde., 1858–60 [editio princeps des arabischen Texts].
– Ibn Sa‘d, aṭ-Ṭabaqāt al-kubrā, Hrsg. Iḥsān ‘Abbās, 9 Bde., Beirut (Dār Ṣādir), o.J., vor allem iii 232–239.
– Muqātil ibn Sulaymān, Tafsīr, Hrsg. ‘Abdallāh Maḥmūd Shiḥāta, 5 Bde., Kairo 1979-89.
– Muslim ibn Ḥadjdjādj, Ṣaḥīḥ, Hrsg. Fu’ād ‘Abd al-Bāqī, 5 dln., Kairo 1955. Auch online.

ANMERKUNGEN
1. Eine vage Geschichte; muss noch eine solide Quelle finden.@
2. Ibn Isḥāq, 205: وكان بلال، مولى أبي بكر ر لبعض بني جمح، مولَّدا من مولديهم، وهو بلال بن رباح وكان اسم أمه حمامة وكان صادق الاسلام طاهر القلب. وكان أمية بن خلف بن وهب بن حذافة بن جمح يخرجه إذا حميت الظَهيرة فيطرحه على ظهره في بطحاء مكة، ثم يأمر بالصخرة عظيمة فتتوضع على ظهره ثم يقول: لا والله لا تزال هكذا حتى تموت، أو تكفر بمحمد وتعبد اللات والعزى، فيقول في ذلك البلاء: أَحَد أحد. قال ابن إسحاق: وحدثني هشام بن عروة عن أبيه، قال: كان ورقة بن نوفل يمر به وهو يعذَّب بذلك وهو يقول: أَحَد أحد. فيقول٬ أحد أحد والله يا بلال. ثم يقبل على أمية بن خلف ومن يصنع ذلك به من بني جمح فيقول: أحلف بالله لئن قتلتموه على هذا لأتخذنّه حنانا، حتى مر به أبو بكر الصديق ر يوما وهم يصنعون ذلك به، وكانت دار أبي بكر في بني جمح، فقال لأميّة بن خلف: ألا تتقى الله في هذا المسكين؟ حتى متى؟ قال: أنت الذي أفسدته فأنقِذْه مما ترى. فقال أبو بكر: أفعلُ، عندي غلام أسود أجلد منه وأقوى، على دينك، أُعطيكه به. قال: قد قبلت فقال: هو لك. فأعطاه أبو بكر الصديق ر غلامه ذلك وأخذه فأعتقه. Übersetzung Gernot Rotter, Ibn Isḥāq, das Leben des Propheten, Kandern, 4. Aufl. 2008, 64-5.
3. Muslim, Ṣaḥīḥ, Ṣalāt 1: حَدَّثَنَا إِسْحَاقُ بْنُ إِبْرَاهِيمَ الْحَنْظَلِيُّ، حَدَّثَنَا مُحَمَّدُ بْنُ بَكْرٍ، ح وَحَدَّثَنَا مُحَمَّدُ بْنُ رَافِعٍ، حَدَّثَنَا عَبْدُ الرَّزَّاقِ، قَالاَ أَخْبَرَنَا ابْنُ جُرَيْجٍ، ح وَحَدَّثَنِي هَارُونُ بْنُ عَبْدِ اللَّهِ، – وَاللَّفْظُ لَهُ – قَالَ حَدَّثَنَا حَجَّاجُ بْنُ مُحَمَّدٍ، قَالَ قَالَ ابْنُ جُرَيْجٍ أَخْبَرَنِي نَافِعٌ، مَوْلَى ابْنِ عُمَرَ عَنْ عَبْدِ اللَّهِ بْنِ عُمَرَ، أَنَّهُ قَالَ كَانَ الْمُسْلِمُونَ حِينَ قَدِمُوا الْمَدِينَةَ يَجْتَمِعُونَ فَيَتَحَيَّنُونَ الصَّلَوَاتِ وَلَيْسَ يُنَادِي بِهَا أَحَدٌ فَتَكَلَّمُوا يَوْمًا فِي ذَلِكَ فَقَالَ بَعْضُهُمُ اتَّخِذُوا نَاقُوسًا مِثْلَ نَاقُوسِ النَّصَارَى وَقَالَ بَعْضُهُمْ قَرْنًا مِثْلَ قَرْنِ الْيَهُودِ فَقَالَ عُمَرُ أَوَلاَ تَبْعَثُونَ رَجُلاً يُنَادِي بِالصَّلاَةِ قَالَ رَسُولُ اللَّهِ ص يَا بِلاَلُ قُمْ فَنَادِ بِالصَّلاَةِ ‏
4. Muqātil ibn Sulaymān, Tafsīr iv, 96–7: نزلت في بلال المؤذن وقالوا في سلمان الفارسي وفي أربعة نفر من قريش، في عتاب بن أسيد بن أبي العيص، والحارث بن هشام، وسهيل بن عمرو، وأبي سفيان بن حرب، كلهم من قريش. وذلك أن النبي ص لما فتح مكة أمر بلالا فصعد ظهر الكعبة وأذّن، وأراد أن يذل المشركين بذلك. فلما صعد بلال وأذّن قال عتاب بن أسيد: الحمد لله الذي قبض أسيد قبل هذا اليوم. وقال الحارث بن هشام: عجبت لهذا العبد الحبشي أما وجد رسول الله ص الا هذا الغراب الأسود؟ وقال سهيل بن عمرو: إن يكرهْ الله شيئا يغيّره، وقال أبو سفيان: أما أنا فلا أقول، فإني لو قلت شيئا لتشهدنّ عليّ السماء وتخبر عني الأرض. فنرل جبريل على النبي ص فأحبره بقولهم فدعاهم النبي ص فقال: كيف قلت يا عتاب؟ قال قلت: الحمد لله الذي قبض أسيد قبل هذا اليوم. قال: صدقت. ثم قال للحارث بن هشام: كيف قلت؟ قال قلت: عجبت لهذا العبد الحبشي أما وجد رسول الله ص الا هذا الغراب الأسود؟ قال: صدقت. ثم قال لسهيل بن عمرو: كيف قلت؟ قال قلت: إن يكرهْ الله شيئا يغيّره. قال: صدقت. ثم قال لأبي سفيان: كيف قلت؟ قال قلت: أما أنا فلا أقول، فإني لو قلت شيئا لتشهدنّ عليّ السماء وتخبر عني الأرض. قال: صدقت. فأنرل الله ت فيهم {يا أيها الناس} يعني بلالا وهؤلاء الأربعة … الخ Ähnliche Texte in Ibn Sa‘d, Ṭabaqāt iii, 234-5:  أن رسول الله ص أمر بلالًا أن يؤذّن يوم الفتح على ظهر الكعبة، فأذّن على ظهرها والحارث بن هشام وصفوان بن أميّة قاعدان فقال أحدهما للآخر: أنظر الى هذا الحبشي، فقال الآخر: إنْ يكرهه الله يغيّره ; ‘Abd al-Razzāq al-Ṣan‘ānī, Muṣannaf 19464; Ibn abī Shayba, Muṣannaf xiv:487 (nicht gesehen); al-Ya‘qūbī, Historiae ii, 62.
5. Koran 49:13. In der heutigen arabischen Welt grassiert der Rassismus. Man hat den Koranvers offensichtlich vergessen.
6. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad v, 411; nr. 22391 حدثنا إسماعيل، حدثنا سعيد الجريري، عن أبي نضرة، حدثني من، سمع خطبة، رسول الله ص في وسط أيام التشريق فقال يا أيها الناس ألا إن ربكم واحد وإن أباكم واحد ألا لا فضل لعربي على أعجمي ولا لعجمي على عربي ولا لأحمر على أسود ولا أسود على أحمر إلا بالتقوى. Die „Schwarzen“ in diesem Text sind die Araber, die „Roten“ die Perser, die eine etwas hellere Haut hatten.

Zurück zum Inhalt

Ansteckung: Widersprach sich der Prophet? – Fortsetzung

🇳🇱 Wie dargelegt auf S. 1 gefiel mir der Artikel von Butt & Shah zur Ansteckung im Hadith des Propheten ganz und gar nicht. Wie lese ich dann die von ihnen behandelten Texte?
.
Meine Voraussetzungen bei der Lektüre von Hadithen sind folgende:
1. Die Aussagen des Propheten und Berichte über seine Verrichtungen stammen gemeinhin nicht von ihm, sondern von Gläubigen, die mindestens ein halbes, aber meistens ein oder zwei Jahrhunderte später lebten. Bestimmt gibt es auch Aussagen, die tatsächlich vom Propheten stammen, aber welche das sind, ist nicht herauszufinden und ich lasse mich davon nicht um den Schlaf bringen.
2. Die dem Propheten zugeschriebenen Aussagen enthalten Widersprüche. Die sollten nicht weggeschafft, sondern vielmehr geschätzt werden, weil sie zeigen, über welche Themen und Probleme die Gläubigen in den ersten Jahrhunderten des Islam diskutierten und wie sich ihre Diskussionen entwickelten.
2. Die islamische Hadithwissenschaft (‘ilm al-ridjāl), die ihre Blütezeit hatte zwischen ca. 770 und 1500, war damals sehr beeindruckend, aber heute nicht länger überzeugend. Die Behauptungen in den Quellen sind leicht zu entkräften, die Isnāde sind oft nachweisbar fiktiv.
.
Die Zielsetzungen von Butt & Shah sind offenbar: festzustellen welche Hadithe korrekt überliefert sind und somit von Gläubigen als Grundlage für ihr Leben und Denken zu akzeptieren sind. Des Weiteren für die Zweifler nachzuweisen, dass der Prophet sich nicht widersprach. Und in diesem spezifischem Fall: nachzuweisen, dass es zwar Ansteckung gibt, aber dass die von Gott kontrolliert und gesteuert wird..
Mein Ziel ist vielmehr, für mein eigenes Vergnügen eine Anzahl spannende und manchmal raffinierte Texte in ihrem Zusammenhang zu lesen und nebenbei anhand der geführten Diskussionen die Entwicklung des Islams zu verfolgen. Keine Religion, keine Theologie, sondern Religionsgeschichte und -phänomenologie.
.
Die meisten Hadithe, die Butt & Shah behandeln, habe ich neu übersetzt. Überdies habe ich noch einige Parallele und Varianten dazu gesammelt. Ideal wäre es, alle Hadithe zum Thema zu sammeln und mit einander zu vergleichen. Das wäre mir jetzt zu viel Arbeit, aber einige Hadithe drum herum lesen hilft bereits um besser zu verstehen was Sache ist.

Es gibt keine Ansteckung 

Essen mit Aussätzigen
Wenn es keine Ansteckung gibt, muss man Körperkontakt nicht fürchten. Ein Hadith erzählt, dass der Prophet mit einem Aussätzigen aß:

  • T1. Der Prophet nahm einmal die Hand eines Aussätzigen und tauchte die zusammen mit der seinigen in die Schüssel. Er sagte: „Iss in Vertrauen auf Gott und setze deine Hoffnung auf Ihn!“1

Butt & Shah haben noch einige Texte gefunden, die erzählen, wie bekannte Gefährten des Propheten ausdrücklich mit Aussätzigen aßen. Manchmal wurde sogar extra eine Mahlzeit mit ihnen organisiert.2 Auch Abū Bakr soll mit Aussätzigen gegessen haben.3 Abū Bakrs Tochter Aischa, die Frau des Propheten, trieb es arg bunt: sie soll einen aussätzigen Sklaven gehabt haben, der von ihrem Teller aß, aus ihrem Becher trank und oft auf ihrer Schlafmatte schlief—wobei sie sich um Ansteckung selbstverständlich nicht scherte.4
.
Die generelle Verneinung: „Es gibt keine Ansteckung.“
Die Existenz einer Sache kann im Arabischen verneint werden durch die Negation , gefolgt durch ein Substantiv im Akkusativ. Lā ilāha, „Es gibt keinen Gott, lā adwā, „Es gibt keine Ansteckung. Eine Ausnahme kann mit Hilfe des Wörtchen illā, „außer“ formuliert werden, gefolgt durch das Ausgenommene, z.B.: Lā ilāha illā allāh, „Es gibt keinen Gott außer Allāh. Shah & Butt zitieren Autoren, die bei der Aussage „Es gibt keine Ansteckungdas Ausgenommene nur hinzudenken, und zwar: „Es gibt keine Ansteckung außer durch Aussatz, bars und andere Krankheiten.“ Dieses „Hinzudenken“ akzeptiere ich nicht. Das Ausgenommene soll in der Aussage explizit genannt werden, sonst gilt es nicht.

Es gibt einige Hadithe, in denen die Aussage lā ‘adwā separat vorkommt. Es kommt z.B. ein Bettler zum Propheten und der jagt ihn nicht weg, sondern gibt ihm etwas, wobei er sagt: „Es gibt keine Ansteckung“.5 Ein anderer Text handelt vom Kauf einer Anzahl Kamele, die sich als räudig herausstellen; eine der Parteien zitiert dann dasselbe Prophetenwort.6
Aber viel öfter wird die Ansteckung in einer Auflistung von drei oder vier Sachen geleugnet.

  • T2. Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung, keine Vogelschau und keinen Wüstendämon.“7
    T3. Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung, keine Vogelschau, keinen Seelenvogel und keinen Wurm in Bauch.“ 8
    T4. Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung, keinen Seelenvogel, kein Unwetter verursacht durch einen Stern und keinen Wurm in Bauch.“9

Was wird hier alles verneint?
Vogelschau, ṭiyara, die Deutung der göttlichen Zeichen anhand des Vogelflugs.
Ein Wüstendämon, ghūl, so glaubte man, belästigte und bedrohte Reisende in der Wüste; er konnte unterschiedliche Gestalten annehmen.
Der Seelenvogel, hāmma, war die Eule, in der man glaubte, dass die Seele eines Verstorbenen wohnte. Nein, sagt ein anderer Hadith: wenn man eine Eule schreien hört, ist das kein Mensch, sondern nur ein Tier.
Der ṣafar war ein bösartiger Wurm im Bauch. Dass es auch einen Monat gibt, der Ṣafar heißt, ist hier nicht relevant.
Der naw’ war ein Unwetter, von dem man glaubte, dass es durch den Aufgang eines bestimmten Sterns verursacht wurde.
Es sind alles Sachen und Glaubensvorstellungen aus vorislamischer Zeit, die durch den Islam abgeschafft oder verblasst sind. Indem man Ansteckung in solche Auflistungen platzierte, wollte man glaubwürdig machen, dass auch (der Glauben an) Ansteckung ein rückständiger Aberglauben sei und nicht länger zeitgemäß. Hier waren raffinierte Theologen am Werk! In Wirklichkeit ist die Debatte über die Ansteckung deutlich islamisch. Sie ist ein Teil einer großen Diskussion; s. dazu unten.

Ansteckung gibt es durchaus

In einigen Hadithen lässt man den Propheten oder einen seiner Gefährten Distanz zu Aussätzigen wahren, offenbar wegen der Ansteckungsgefahr.

Abstand halten von Aussätzigen

  • T5. ‘Umar sagte zu Mu‘ayqīb al-Dausī: „Komm näher, aber wenn es jemand anders als du gewesen wäre, hätte er eine Speerlänge von mir entfernt sitzen müssen.“ Er war aussätzig.10

Schaut nicht lange auf Aussätzige
Einen Aussätzigen sehen ist nicht immer vermeidbar, aber man soll schnell den Blick abwenden. Aus Rücksicht auf den Kranken? Wohl eher aus Angst vor dem bösen Auge. Eine bekannte Aussage des Prophet is ja: „Das böse Auge gibt es wirklich.“

  • T6. Der Prophet hat gesagt: „Schaut nicht lange auf Aussätzige!“ 11
    T7. Der Prophet hat gesagt: „Schaut nicht lange auf Aussätzige und wenn ihr mit ihnen spricht, lasst dann eine Speerlänge Abstand zwischen euch und ihnen.“ 12

Die beschleunigte Treuegelübde
Der Prophet empfing Delegationen aus den arabischen Stämmen, die zu ihm kamen um ihm Treue zu geloben. In einer Delegation soll ein Aussätzige gewesen sein, den der Prophet ungerne in seiner Nähe hatte. 

  • T8. In der Delegation der Thaqīf war ein Aussätziger. Der Prophet sandte ihm folgende Botschaft: „Geh zurück; wir haben deinen Treueid hiermit angenommen.“ 13

Fliehe vor einem Aussätzigen
Für regelrechte Panik wird manchmal auch Raum gelassen:

  • T9. Ich haben den Propheten sagen hören: „Fliehe vor einem Aussätzigen wie vor einem Löwen!“ 14

Räude
Auch bei Tieren ist Ansteckung bekannt:

  • T10. Der Prophet hat gesagt: „Gesunde und kranke Tiere soll man nicht zusammen trinken lassen.“ 15

Es gibt keine Ansteckung, oder doch, oder doch nicht

Oft ist zu beobachten, dass ein Hadith einen früheren Hadith wieder aufnimmt, aber um einiges beschneidet oder umändert, oder dass etwas hinzugefügt wird.16 Manche Texte wollen z.B. die Abschaffung der Vogelschau etwas nuancieren:

  • T11. Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung und keine Vogelschau, aber eine günstige Vorhersage/ein gutes Wort habe ich gerne.“ 17

Oder man rettete mittels eines Hadith eine vorislamische Überzeugung hinüber in die Zukunft.

  • T12. Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung und keine Vogelschau, aber das böse Auge gibt es wirklich.“ 18

Oder man nuanciert in die andere Richtung: In manchen Bereichen sind düstere Vorhersagen durchaus berechtigt:

  • T13. Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung und keine Vogelschau, aber böses Glück kommt bei drei Sachen vor: die Frau, das Haus und das Reittier.“ 19

Beim Thema Ansteckung ist noch etwas anderes los. Hier findet mittels Hadithe eine heftige Diskussion statt: Es gibt sowohl Pro-Hadithe wie auch Kontra-Hadithe.
Es gibt hier aber auch Hadithe, in denen die Diskussion innerhalb eines Hadiths stattfindet, indem er seine eigenen Hauptaussage kannibalisiert, zu leugnen versucht oder den Tenor umdreht. Einen existierenden Hadith konnte man nicht ignorieren: er war ja ein Wort des Propheten. Man behält ihn also bei, aber fügt etwas hinzu oder bastelt daran herum. Beim Thema Ansteckung ist das des Öfteren gemacht worden, z. B. in:

  • T14. Abū Huraira: Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung und keine Vogelschau, keinen Seelenvogel und keinen Wurm im Bauch, aber vor einem Aussätzigen sollst du fliehen wie vor einem Löwe!“ 20

Den ersten Teil des Hadith war bereits vorbeigekommen in T2–T4, aber der hinzugefügte Satz dreht den Tenor um: Keine Ansteckung, aber siehe zu, dass du davon kommst! So einen Text hatte Ibn Qutaiba vielleicht im Kopf, als er versuchte darzulegen, dass Ansteckung keine Ansteckung ist.21

An T3 ist eine kleine Diskussion hinzugefügt, wobei die Theologie in zweiter Instanz die realistische Sichtweise einfach einverleibt:

  • T15. Abū Huraira: Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung, keine Vogelschau, keinen Wurm im Bauch und keinen Seelenvogel.“ Es stand ein Beduine auf, der fragte: „Wie ist es denn mit Kamelen, die im Sand so prächtig aussehen wie Gazellen, und wenn ein räudiges Kamel dazu kommt, bekommen sie auch die Räude?“ Darauf sagte der Prophet: „Aber wer hat dann das erste angesteckt?“ 22

Im folgenden Text findet die Diskussion nicht im Text des Hadiths statt, sondern im isnād, so dass der Prophet außen vor bleibt:

  • T16. Abū Salama ibn ‘Abd al-Rahman ibn ‘Auf: Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine Ansteckung,“ aber er überliefert auch: Der Prophet hat gesagt: „Gesunde und kranke Tiere soll man nicht zusammen trinken lassen.“
    Abū Salama sagte: Abū Huraira hat uns beide Hadithe vom Propheten überliefert. Später hat er uns aber verschwiegen, dass der Prophet gesagt hat: „Es gibt keine Ansteckung“ und er blieb bei: „Gesunde und kranke Tiere soll man nicht zusammen trinken lassen.“
    Al-Hārith ibn Abī Dhubāb—das ist der Neffe Abū Hurairas—sagte: Ich habe dich schon noch einen anderen Hadith überliefern hören, Abū Huraira, aber den verschweigst du jetzt! Du hast auch erzählt, dass der Prophet gesagt hat: „Es gibt keine Ansteckung!“ Aber Abū Huraira weigerte sich das zuzugeben und sagte: „… nicht zusammen trinken lassen“.
    Al-Hārith drängte so lange, bis Abū Huraira sich erboste, Äthiopisch zu brabbeln anfing und sagte: Weißt du, was ich sage? Ich sage: Auf gar keinen Fall!
    Abū Salama hat gesagt: Bei meinem Leben, Abū Huraira hatte uns sehr wohl überliefert, dass der Prophet gesagt hat: „Es gibt keine Ansteckung!“ Ich weiß nicht, ob Abū Huraira dies vergessen hatte oder ob der eine Hadith den anderen abgeschafft hat.23

Ansteckung und Theologie

Die obigen Hadithe sind nach ihrem Tenor geordnet worden. Ein Datierungsversuch mit Hilfe der isnāde habe ich unterlassen. Trotzdem widerspiegelt diese Ordnung, wie ich hoffe, ihre Entstehungsgeschichte.
Dass bestimmte Krankheiten durch Ansteckung übertragen werden, war seit Menschengedenken bekannt. Bereits im Alten Testament werden Aussätzige aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Im 6. und 7. Jahrhundert wütete die Pest im Nahen Osten. Wie diese Krankheit genau übertragen wird, wusste man nicht, aber dass sie ansteckend ist, wusste man durchaus! Viehzüchter beobachteten überdies, dass räudige Tiere gesunde Tiere anstecken.
Ansteckung wäre vielleicht nie Gesprächsthema geworden, wenn nicht Theologen deren Existenz geleugnet hätten. Dem Leugnern zufolge ist es Gott, der in jedem Einzelfall bestimmt, ob jemand krank wird oder nicht. Mit Schwangerschaft ist das genau so: Coitus interruptus ist nicht nötig, denn es ist Gott, der bestimmt, ob eine Frau schwanger wird oder nicht.23
Diejenigen, die die Ansteckung anerkannten, mussten sich darauf zur Wehr setzen. Das Phänomen wurde Gegenstand einer kleinen, aber ziemlich erhitzten Debatte zwischen Leugner und Realisten, die durch Hadithe und in Hadithen ausgetragen wurde. Beide Parteien schrieben ja ihre Auffassung dem Propheten zu.
Die Debatte war Teil der viel umfassenderen Diskussion zum freien Willen und dem Ratschluss Gottes, die von ca. 690–800 die Gemüter der islamischen Theologen beschäftigt hat. Es ist nicht die einzige Debatte, die man in der Hadithliteratur entdecken kann.

ANMERKUNGEN
1. Abū Dāwūd, Ṭibb, 24/3925; Tirmidhī, Aṭ‘ima 19a; Ibn Mādja, Ṭibb 44/3542: أن رسول الله ص أخذ بيد مجذوم فوضعها معه في القصعة وقال: كل ثقةً بالله وتوكلا عليه.
2. Butt & Shah, Concept 62.
3. ‘Abd al-Razzāq al-Ṣan‘ānī, Muṣannaf 19509 عن معمر أن أبا بكر كان يأكل مع الأجذم.
4. Ṭabarī, Tahdhīb al-āthār, zitiert bei Butt & Shah, Concept 62-63.
5. ‘Abd ar-Razzāq aṣ-Ṣan‘ānī, Muṣannaf 19511: عبد الرزاق عن معمر قال: بلغني أن رجلا أجذم أتى النبي ص كأنه سائلا فلم يعجله و جهّزه النبي ص وقال: لا عدوى
6. Ḥumaydi, Musnad 706; Bukhārī, Buyū‘ 36; Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 455, 531.
7. Muslim, Salām 107–109, vgl. Aḥmad ibn Ḥanbal Musnad iii, 293, 312, 382: عن جابر قال: قال رسول الله ص: لا عدوى ولا طيرة ولا غول.
8. Ibn Mādja, Ṭibb 43/3539 .عن ابن عباس أن نبي الله ص قال: لا عدوى ولا طيرة ولا هامة ولا صفر In anderen Kombinationen: Bukhārī, Ṭibb 45; Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 450 u.a.
9. Muslim, Salām 106; Abū Dāwūd, Ṭibb 24/3912: أبي هريرة أن رسول الله ص قال: لا عدوى ولا هامة ولا نَوْء ولا صفر
10. ‘Abd ar-Razzāq aṣ-Ṣan‘ānī, Muṣannaf 19510: أن عمر بن الخطاب قال لمعيقيب الدوسي: ادنُ فلو كان غيرك ما قعد مني الا كقيد رمح، وكان أجذم.
11. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad i, 233, Var. 299; Ibn Mādja, Ṭibb 44/3543:
سمعت ابن عباس يقول قال رسول الله ص: لا تديموا الى المجذومين النظر
12. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad i, 78: حسين عن أبيه قال رسول الله ص: لا تديموا الى المجذومين النظر وإذا كلمتموهم فليكن بينكم وبينهم قيد رمح.
13. Ibn Mādja, Ṭibb 44/3544, Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad iv, 390 رجل من آل شريد يقال له عمرو عن أبيه قال : كان في وفد ثقيف رجل مجذوم، فأرسل إليه النبي ص: ارجع فقد بايعناك; Muslim, Salām 126: عمرو بن الشريد عن أبيه قال: كان في وفد ثقيف رجل مجذوم، فأرسل إليه النبي ص: بايعناك فارجع; Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad iv, 389: عمرو بن الشريد عن أبيه قال قدم على النبي ص رجل مجذوم من ثقيف ليبايعه فأتيت النبي ص فذكرت ذلك فقال ائته فأخبره أني قد بايعته فليرجع. Die Delegation empfang der Prophet kurz vor seinem Tod. Je später im Leben des Propheten eine Aussage oder Handlung von ihm platziert wird, um so weniger wahrscheinlich ist es, das er diese noch „abgeschafft“ (naskh) hätte, d.h. ungültig gemacht durch eine neue Aussage oder Handlung.
14. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 443; Var. ‘Abd ar-Razzāq aṣ-Ṣan‘ānī, Muṣannaf 19508: سمعت رسول الله ص يقول: فر من المجذون فرارك من الأسد
15. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 406, 434: قال رسول الله ص: لا يورد الممرض على المصح; Mālik, ‘Ayn 18 ابن عطية أن رسول الله ص قال: لا عدوى ولا هام ولا صفرولا يحُل المُمرض على المُصح وليحلُلْ المصح حيث شاء. فقالوا: يا رسول الله وما ذاك؟ فقال رسول الله ص: إنّه أدَّىل
16. Beispiele auch im Text über Frauen in der Moschee.
17. Muslim, Salām 111; Var. Bukhārī Ṭibb 43, 54; Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad iii, 130, 154, 173, 178, 251, 276, 278: قتادة عن أنس أن نبي الله ص قال: لا عدوى ولا طيرة ويعجبني الفأل الصالح
18. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 222, 420, 487: . أبو هريرة قال رسول الله ص قال: لا عدوى ولا طيرة والعين حق
19. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 153, 174, 180; Abū Dāwūd, Ṭibb 24/3921: عن عبد الله بن عمر أن رسول الله ص قال: لا عدوى ولا طيرة وأنما الشؤم في ثلاثة في المرأة والدار والدابة/الفرس.
20. Bukhārī, Ṭibb 19: .أبو هريرة قال رسول الله ص: لا عدوى ولا طيرة ولا هامة ولا صفر وفر من المجذوم كما تفر من الأسد
21. S. oben S. 1 und Butt/Shah, Concept 72–3.
22. Muslim, Salām 101, 102, 103; Bukhārī Ṭibb 25, 54; Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 267 أبو هريرة: قال رسول الله ص: لا عدوى ولا صفر ولا هامة فقال أعرابي: يا رسول الله فما بال الإبل تكون في الرمل كأنها الظباء فيجيء البعير الأجرب فيدخل فيها فيجربها كلها؟ قال: فمن أعدى الأول؟. Varianten Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad i, 269, 328; ii, 434; ‘Abd ar-Razzāq aṣ-Ṣan‘ānī, Muṣannaf 19507; Ibn Mādja, Ṭibb 10/86.
23. Muslim, Salām 104: وحدثني أبو الطاهر وحرملة وتقاربا في اللفظ قالا أخبرنا ابن وهب أخبرني يونس عن ابن شهاب أن أبا سلمة بن عبد الرحمن بن عوف حدثه أن رسول الله ص قال لا عدوى ويحدث أن رسول الله ص قال لا يورد ممرض على مصح قال أبو سلمة كان أبو هريرة يحدثهما كلتيهما عن رسول الله ص ثم صمت أبو هريرة بعد ذلك عن قوله لا عدوى وأقام على أن لا يورد ممرض على مصح. قال فقال الحارث بن أبي ذباب وهو ابن عم أبي هريرة قد كنت أسمعك يا أبا هريرة تحدثنا مع هذا الحديث حديثا آخر قد سكت عنه كنت تقول قال رسول الله ص لا عدوى فأبى أبو هريرة أن يعرف ذلك وقال لا يورد ممرض على مصح فما رآه الحارث في ذلك حتى غضب أبو هريرة فرطن بالحبشية فقال للحارث أتدري ماذا قلت قال لا قال أبو هريرة قلت أبيت قال أبو سلمة ولعمري لقد كان أبو هريرة يحدثنا أن رسول الله ص قال لا عدوى فلا أدري أنسي أبو هريرة أو نسخ أحد القولين الآخر. Auch Bukhārī, Ṭibb 53; Abū Dāwūd, Ṭibb 4/3910.
23. Einem Hadith zufolge fragte man einmal den Propheten, ob es erlaubt sei, den Coitus interruptus anzuwenden. Er antwortete: „Es schadet euch nicht, wenn ihr es sein lasst, denn jedes Lebewesen, von dem Gott die Erschaffung vorherbestimmt hat bis zum Tage der Auferstehung, wird geboren werden.“ So in Muslim, Nikāḥ 125: لا عليكم أن لا تفعلوا ما كتب الله خلق نسمة هي كائنة إلى يوم القيامة إلا ستكون.

Zurück zum Inhalt

Ansteckung, oder: Widersprach sich der Prophet? 

🇳🇱 Aus dem Internet wehte mir ein Artikel über Ansteckung im Hadith des Propheten zu.1 Er wurde von zwei pakistanischen Gelehrten verfasst und innerhalb der islamischen Hadithwissenschaft scheint mir das ein solider Artikel. An europäischen Universitäten könnte er als Beispiel benutzt werden um die islamische Wissenschaft kennen zu lernen. Mir selbst hat es mal wieder klar gemacht, warum islamische Wissenschaft mich so langweilt und ich nichts damit zu tun haben möchte.
.
Gibt es Ansteckung? In Hadithen des Propheten wird die Frage manchmal mit ja, manchmal mit nein beantwortet. Hatte der Prophet denn zwei Meinungen zum selben Thema oder hat er im Lauf seines Lebens drastisch die Meinung geändert?2 Die Zielsetzung der beiden Autoren steht gleich ganz vorne im Abstract: Both categories of ahādīth seem contrary to each other and demand a detailed insight into this matter in order to remove the apparent contradiction between them. Den ihres Erachtens scheinbaren Widerspruch wegschaffen, das ist ihr Ziel. Sie wollen nachweisen, dass die Aussagen des Propheten einander nicht widersprechen, und zwar mit Hilfe der jahrhundertealten Hadithwissenschaft. 

Ihre unausgesprochenen Voraussetzungen sind:
1. Korrekt überlieferte Hadithen gehen auf den Propheten zurück. Sie enthalten Aussagen, die er wirklich getan hat und die dort beschriebenen Handlungen hat er tatsächlich verrichtet. Korrekte Hadithe sind deshalb eine hervorragende historische Quelle.
2. Der Prophet hatte immer Recht und widersprach sich nie. Allerdings kann eine spätere Aussage von ihm eine frühere abschaffen. Nicht weil er sich geirrt hätte, aber die Umstände änderten sich, so dass manchmal eine neue Aussage nötig war.
3. Die jahrhundertealte Hadithwissenschaft (Blütezeit ca. 770–1500) gilt noch. Was die alten Bücher zu den Überlieferern mitteilen ist meist zuverlässig und die Methoden um die Korrektheit einer Überliefererkette festzustellen sind immer noch dieselben.
4. Eine Voraussetzung der Autoren zu diesem spezifischen Thema: Ja, Ansteckung existiert. Sie sind modern und lebenserfahren genug um das einzusehen und das taten sie
schon bevor sie diesen Artikel schrieben.
.
Jetzt zur Ansteckung. Die meisten Menschen wussten und wissen, dass es so etwas gibt, und es gibt Hadithe, in denen das vorausgesetzt wird. Aber es gibt auch eine Aussage des Propheten: „Lā ‘adwā, „Es gibt keine Ansteckung,“ und wir haben einen Bericht über den Propheten, in dem er mit einem Aussätzigen isst und seine Hand in dieselbe Schüssel taucht wie der—wodurch er gezeigt habe, dass keine Ansteckung zu befürchten sei. Mit diesem Widerspruch mussten die Autoren und die Muslime im Allgemeinen fertig werden.
Die Autoren haben eine Anzahl Hadithe zum Thema gesammelt. Ich übersetze hier ihre Übersetzungen aus dem Englischen. Meine eigenen Übersetzungen kommen auf S. 2.

  • T1: Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine ‘adwā (keine ansteckende Krankheit wird ohne Gottes Erlaubnis übertragen), keinen ṣafar (kein schlechtes Omen im Monat Ṣafar) und keine hāmma (kein schlechtes Omen in Zusammenhang mit einer Eule)“ Da stand ein Beduine auf und sagte: „Prophet, warum stehen denn die Kamele im Sand so prächtig da wie Gazellen und wieso werden sie, wenn ein räudiges Tier dazu kommt, alle räudig?“ Der Prophet antwortete: „Aber wer hat denn das erste angesteckt?“3
  • T2: Der Prophet nahm bei einem Essen die Hand eines Aussätzigen und tauchte die mit der Seinigen in die Schüssel. Er sagte: „Sag: Im Namen Gottes und in Vertrauen auf ihn!“ 4
  • T3: Der Prophet hat gesagt: „Es gibt keine ‘adwā (keine ansteckende Krankheit wird ohne Gottes Erlaubnis übertragen), keinen ṣafar (kein schlechtes Omen im Monat Ṣafar) und keine hāmma (kein schlechtes Omen in Zusammenhang mit einer Eule)“ und fliehe vor einem Aussätzigen, wie vor einem Löwen!“5 
  • T4: Der Prophet hat gesagt: „Schaut nicht ständig auf Aussätzige!“6
  • T5: Der Prophet hat gesagt: „Die Pest ist eine Katastrophe, die über die Kinder Israels gesandt wurde oder über Menschen, die vor euch lebten. Wenn ihr hört, dass in einem Gebiet die Pest herrscht, geht dann nicht dorthin. Aber wenn sie ausbricht in einem Gebiet, in dem ihr schon seid, flüchtet dann nicht vor ihr!“7 

Die beiden pakistanischen Autoren zitieren und kommentieren das, was sie in alten Kommentaren und anderen Quellen aus vielen Jahrhunderten zu diesen Hadithen fanden. Sie stellen fest, dass die alten Gelehrten zwei Methoden anwandten: tardjīḥ, das Gegeneinander-Abwägen von Hadithen, meist aufgrund der isnāde, und taṭbīq oder djam‘, von dem ich nicht genau weiß, was es ist, das aber das am meisten dem Harmonisieren oder dem Weginterpretieren ähnlich sieht.

Leugnung der Ansteckung
Diejenigen, die Ansteckung leugnen, finden Unterstützung in der deutlichen Aussage des Propheten in T1: „Es gibt keine Ansteckung,“ und deren Bestätigung in einer Handlung von ihm in T2, wo er mit einem Aussätzigen isst—wenn Gefahr für Ansteckung bestanden hätte, hätte er das nicht getan. Es werden noch vier Texte zitiert, die erzählen, wie bekannte Gefährten des Propheten ausdrücklich mit Aussätzigen aßen und somit nach dessen Vorbild handelten. Manchmal sollen sie sogar regelrechte Abendessen mit Leprosen gegeben haben!8 Aischa, die Frau des Propheten, habe es auch bunt getrieben: Sie soll einen aussätzigen Sklaven gehabt haben, der aus ihrer Schüssel aß, aus ihrem Becher trank und oft auf ihrem Schlafplatz schlief—wobei sie sich um Ansteckung keine Sorgen machte, versteht sich.
Ein Text wie T4: „nicht ständig auf Aussätzige schauen,“ in dem Ansteckung vielleicht – aber nicht notwendigerweise – vorausgesetzt wird, wird von den Leugnern beseitigt, weil der isnād schwach ist. Dasselbe gilt für zwei nicht-prophetische Überlieferungen, die empfehlen zwischen sich und einem Aussätzigen eine, bzw. zwei Speerlängen Abstand zu wahren. Die Schwäche eines isnāds nachzuweisen ist eine klassische islamische Manier um einen unerwünschten Hadith zu beseitigen. Eine andere Methode ist einen Text als durch einen späteren Text abgeschafft (mansūkh) zu betrachten. Von T3: „Fliehe vor einem Aussätzigen…’ wird gesagt, dass er von T2, in dem der Prophet mit einem Aussätzigen isst, abgeschafft worden ist.
Die Gelehrten, die T3 nicht verwerfen, haben im Lauf der Jahrhunderte verschiedene andere Wege gefunden um ihn zu entschärfen. Sie sagen zum Beispiel: Man soll nicht aus Angst vor Ansteckung vor einem Aussätzigen fliehen, sondern um den armen Mann nicht zu verletzen. Dasselbe gilt beim Anschauen: Es geht nicht um Ansteckung, sondern um Diskretion, Rücksicht.
Oder wer meint, durch einen Aussätzigen Schaden zu erleiden, seinen Geruch oder seine Nähe nicht zu ertragen oder wer eine Abneigung gegen ihn spürt, der soll davonlaufen. Man bleibt ihm fern, wie man auch eine überhängende Mauer oder ein kaputtes Schiff meidet.
Oder ganz kompliziert: Man soll vor einem Aussätzigen flüchten, weil man sonst, wenn man krank wird, vielleicht denken könnte, dass es durch Ansteckung kommt—was der Prophet ausgeschlossen hat. Diese Begründung kommt häufig vor: bereits Abū ‘Ubayd (gest. 838) sagt, dass man gesunde Tiere nicht mit kranken Tieren trinken lassen soll, denn wenn sie dann krank werden, könnte man zu der Irrmeinung verführt werden, dass es Ansteckung gäbe. In Wirklichkeit werden die gesunden Tiere krank durch den Willen Gottes und durch nichts anderes.
Das ist tatsächlich der Grund, warum Ansteckung überhaupt geleugnet wird. Es ist immer von neuem ein göttlicher Ratschluss, der bestimmt, ob man krank wird oder nicht.

Anerkennung der Ansteckung
Auch diejenigen, die glaubten, dass es Ansteckung gibt, konnten nicht alle Hadithe einfach hinnehmen. Zwar verfügten sie, neben ihren eigenen Beobachtungen von Ansteckung, über einige mehrfach und korrekt überlieferte Hadithe (T3, T5 und vielleicht T4), die diese bestätigten, aber einige andere, die deutlich die Ansteckung leugnen, mussten sie unschädlich machen. T2, in dem der Prophet mit einem Aussätzigen isst, hielten sie für nicht korrekt überliefert; der schadete also nicht viel. Blieb noch die korrekt überlieferte und glasklare Aussage des Propheten: „Es gibt keine Ansteckung“ (T1/3), aber dafür fand man unterschiedliche Lösungen:
– Man entkräftet die Aussage, indem man etwas hinzudenkt: Natürlich gibt es Ansteckung; was der Prophet meinte ist: „Es gibt keine Ansteckung außer durch Aussatz, bars und andere Krankheiten.“ Deshalb soll man durchaus vor einem Aussätzigen fliehen.9
– Andere denken etwas anderes dazu: „Es gibt keine Ansteckung von Natur aus, mit anderen Worten: Es ist Gott, der entscheidet, ob Ansteckung erfolgt oder nicht. Als Beweis dafür konnte dienen, dass der Prophet ruhig seine Hand zusammen mit der eines Aussätzigen in die Schüssel tauchte. Ein gewisser al-Turbushtī, ein Gelehrter aus dem 13. Jahrhundert, fand diese Auffassung die beste, gerade weil sie Übereinstimmung zwischen Hadithen zu diesem Thema ermöglicht.10
– Noch andere Gelehrten meinten, dass die Aussage: „Es gibt keine Ansteckung“ nicht die Ansteckung selbst leugnen will, sondern den Glauben, dass es Ansteckung durch etwas anderes als Gott gibt.11 Die rhetorische Frage des Propheten in T1: „Aber wer hat denn das erste angesteckt?“ passt gut zu dieser Auffassung.
– Ibn Qutaiba (± 828–889) war ein Literat, kein Mediziner, aber er verstand weitgehend wie Ansteckung funktioniert: durch Berührung (mulāmasa) oder durch Tröpfcheninfektion durch die eingeatmete Luft (al-shamm al-rā’iḥa), vor allem über Mitbewohner (mukhālaṭa). Trotzdem hatte er kein Problem mit der Aussage „Es gibt keine Ansteckung (‘adwā),“ denn die von ihm beschriebenen Übertragungsarten von Krankheiten sind einfach keine ‘adwā. Was das denn ist, sagt er nicht; zumindest wird es aus dem pakistanischen Artikel nicht ersichtlich. Ibn Ḥadjar al-‘Asqalānī (1372–1449) folgt demselben Gedankengang, aber er sagt durchaus, was ‘adwā ist, nämlich eine Krankheit, die an einem bestimmten Ort grassiert, wie die Pest in T5. Von so einem Ort zu fliehen ist nicht erlaubt, weil man dann dem Ratschluss Gottes zu entkommen versucht.12

Ich habe nicht den ganzen langen Artikel der beiden Autoren hier zusammengefasst, sondern versucht das Wichtigste herauszuholen. In einigen Punkten habe ich sie einfach nicht verstanden. Lobenswert ist, dass die beiden Autoren energisch und akribisch viele Kommentartexte gesammelt haben. Was ich aber bedaure, ist, dass ihre Gedankengänge sich den jahrhundertealten Kommentaren fast kritiklos anschließen, obwohl diese nach heutigen Einsichten intellektuell nicht ausreichend sind.
Allen Respekt für einen Ibn Qutaiba, der im neunten Jahrhundert schon gut wusste, was Ansteckung ist, aber jammerschade, dass er sich dann winden musste um das Zitat des Propheten zu retten und letztendlich behauptet, dass Ansteckung keine Ansteckung ist. Ihm und seinen Nachfolgern kann ich es aber nicht übel nehmen: vor Jahrhunderten konnte und durfte man wohl nicht anders denken. Anders sollte das sein bei den beiden modernen pakistanischen Autoren, die wahrscheinlich doch mal ein Gymnasium von innen gesehen haben. Aber leider nehmen sie die uralten Argumentationen ernst, als würden sie von Propheten oder Heiligen stammen, und gründen darauf ihre Folgerung: „Keine ansteckende Krankheit wird ohne Gottes Erlaubnis übertragen.“ Das ist, was mich in solchen Arbeiten so langweilt. Man kann auch sagen: Ich schätze es nicht, dass sie Theologie betreiben statt Textwissenschaft. Zu kritisieren ist auch, dass sie ihre Schlussfolgerung in ihre Übersetzung eines Hadith einarbeiten; das ist Mogelei. Lā ‘adwā bedeutet: „Es gibt keine Ansteckung,“ und nicht: „no contagious disease is conveyed without Allāh’s permission.“ Bei der Wiedergabe eines Textes in einer anderen Sprache soll man übersetzen, nicht theologisieren.
.
Meine eigenen Voraussetzungen und meine Lesart dieser widersprüchlichen Texte werde ich auf S. 2 darlegen.

ANMERKUNGEN
1. Muhammad Qasim Butt und Muhammad Sultan Shah, „The Concept of Contagiousness in the Ahādīth,“ Pakistan Journal of Islamic Research, 19/1 (2018), 59–75. Im Netz sah ich es hier, das letzte Mal am 10. November 2018.  Eine pdf-Datei steht hier: Butt_Shah, Contagiousness in ahadith.
2. Und das ist erst ein Beispiel; es gibt etliche Themen, über die die Aussagen des Propheten widersprüchlich sind oder scheinen.
3. U.a. Bukhārī, Ṭibb 25; Muslim, Salām 101 und viele andere, mit unterschiedlichen Prophetengefährten als Überlieferer: قال رسول الله ص: لا عدوى ولا صفر ولا هامة فقال أعرابي: يا رسول الله فما بال الإبل تكون في الرمل كأنها الظباء فيجيء البعير الأجرب فيدخل فيها فيجربها كلها؟ قال: فمن أعدى الأول.
4. Abū Dāwūd, Ṭibb, 24/3925; Tirmidhī, Aṭ‘ima 19a e.a.: أن رسول الله ص أخذ بيد مجذوم فوضعها معه في القصعة وقال: كل ثقة بالله وتوكلا عليه
5. Bukhārī, Ṭibb 19:  قال رسول الله ص: لا عدوى ولا طيرة ولا هامة ولا صفر وفر من المجذوم كما تفر من الأسد.
6. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad i, 233: قال رسول الله ص: لا تديموا الى المجذومين النظر 
7. Bukhārī, Anbiyā’ 54 (vgl. auch Muslim, Salām 100): … فقال أسامة قال رسول الله ص: الطاعون رجس أُرسل على طائفة من بني إسرائيل أو على من كان قبلكم فإذا سمعتم به بأرض فلا تقدموا عليه، وإذا وقع بأرض وأنتم بها فلا تخرجوا فرارًا منه. قال أبو النضر: لا يخرجكم الاّ فرارا منه  
8. Butt/Shah, Concept 62.
9. لا عدوى ألّا من الجُذام والبرس وغيرها . Was bars ist weiß ich nicht; es muss auch eine Krankheit sein. Butt/Shah, Concept 70. Gemeint ist vielleicht baraṣ, ein Name für Lepra.
10. لا تقع عدوى بطبعها. Butt/Shah, Concept 71.
11. Butt/Shah, Concept 72.
12. Butt/Shah, Concept 72–73.

Zurück zum Inhalt

Mohammed und Aischa (Kurzfassung)

(Wer ausführlicher zu diesem Thema lesen möchte, kann das hier tun)

Dass der Prophet Mohammed seine Lieblingsfrau Aischa als sechsjähriges Mädchen geheiratet und die Ehe mit ihr vollzogen haben soll, als sie neun war, ist immer wieder ein Stein des Anstoßes. Islamkritiker und -hasser nehmen es zum Anlass, den Propheten als Pädophilen zu beschimpfen. Viele Muslime fühlen sich dabei unbehaglich, sie finden Kinderehen genau so scheußlich wie Nichtmuslime und wissen oft nicht, wie sie auf die Kritik reagieren sollen.
Die Geschichte beruht auf nur einer Überlieferung, die auf den berühmten Überlieferer ʿUrwa ibn az-Zubair zurückgeführt wird, den Neffen Aischas. Sie lautet: „Es erzählte Aischa, dass der Prophet sie heiratete, als sie sechs Jahre alt war; sie wurde in sein Haus gebracht, als sie neun Jahre alt war, und dann blieb sie neun Jahre bei ihm.“
Von diesem Hadith gibt es einige Ausarbeitungen, etwa die, in der erzählt wird, wie das Mädchen mit Freundinnen auf der Schaukel spielte, dort von seiner Mutter abgeholt, zurechtgemacht und dem Propheten übergeben wurde. Dieser Text ist um die wenigen Informationen der Überlieferung herum gebaut: Heirat mit sechs, Ehevollzug mit neun. Anderen Texten zufolge spielte Aischa nach ihrer Heirat noch mit Puppen; ihre kleinen Freundinnen durften spielen kommen. Auch diese Texte bieten human interest zum kargen Basis-Hadith.
Aber war Aischa wirklich so jung? Das weiß kein Mensch. Nichtmuslimische Arabisten und Historiker gehen zunehmend davon aus, dass die „biografischen“ Texte über Mohammed als historische Quellen nicht verwertbar sind. Über den Propheten ist ihnen zufolge sehr wenig bekannt und über Einzelheiten aus seinem Privatleben schon gar nichts.
Aber warum ist dann der oben zitierte Hadith zustande gekommen? Auffällig ist, dass der Text nichts erzählt, sondern sich nur für die Daten und das Heiratsalter der Aischa interessiert. Hadithe sind in der Regel auf die Bedürfnisse von Juristen zugeschnitten, sie enthalten entweder eine Aussage des Propheten oder einen Bericht über eine (normative) Handlungsweise von ihm. Daneben gibt es in den kanonischen Sammlungen auch rein erzählende Hadithe, weil sie, vielleicht nebenbei, eine vorbildliche Handlungsweise des Propheten beschreiben oder zeigen. Oder eine Erzählung war so beliebt, dass man sie einfach nicht entbehren mochte. Aber rein chronologische Mitteilungen wie die obige sind in der Hadith-Literatur eine Rarität.
Um den Hintergrund dieses Hadithes zu verstehen, muss man „die ganze Aischa“ einbeziehen: ihre Herkunft aus dem frühislamischen „Verdienstadel“, ihren Konflikt mit ʿAlī und die Verleumdungskampagne gegen sie seitens der entstehenden Schia. Und auch den Erzähler sollte man im Auge behalten: ʿUrwa ibn az-Zubair, den Historiker der besagten Elite, der er auch selbst entstammte.

Aischas Herkunft
Aischas Vater war Abu Bakr, einer der ersten Anhänger Muhammads und der erste Kalif. Er war ein prominentes Mitglied des „Verdienstadels“, in dem große und frühe Taten für die neue Bewegung zählten. Neben Abu Bakr gehörten die anderen drei „rechtgeleiteten“ Kalifen ʿUmar, ʿUṯmān und ʿAlī dazu, weiterhin Personen wie az-Zubair – der Vater des Überlieferers ʿUrwa ibn az-Zubair. Im Laufe des 7. Jahrhunderts spalteten sich aber eine Gruppe ab, die sich aus der Sicht dieser Elite irgendwie danebenbenahm: ʿAlī, seine Nachkommen und die seiner Partei (Schia). Die Sippe der Umaiyaden übernahm nach ʿAlīs Tod die Macht; was vom ursprünglichen Verdienstadel Elite übrigblieb, war zum baldigen Aussterben verurteilt.

Die Verleumdung
Trotz – oder wegen – ihrer Stellung als Lieblingsfrau des Propheten war Aischa nicht überall beliebt. Eine bekannte Skandalgeschichte erzählt, wie sie, als frisch Verheiratete, auf einer Reise versehentlich kurz alleine in der Wüste zurückgelassen worden sei; später habe ein Mann sie gefunden und zurückgebracht. Hatte dieser sich an ihr vergangen? Es gab eine Faktion, die eifrig dieses Gerücht verbreitete. Auch Muhammads Vetter und Schwiegersohn ʿAlī soll unter den Verleumdern gewesen sein und dem Propheten sogar vorgeschlagen haben, Aischa gegen eine andere Frau einzutauschen. Wegen dieses Gerüchts mied der Prophet Aischa einige Zeit. Die Erzählung, in der diese Verleumdung sogar mit Hilfe von Koranversen entkräftet wird, stammt von demselben ʿUrwa, der auch den Hadith zu ihrem Heiratsalter in die Welt gesetzt hat. (Siehe auch hier.)

Der Konflikt
Woher kam diese Gehässigkeit Aischa gegenüber? Nach dem Tod des Propheten war sie politisch aktiv geworden und hatte sich (unter anderem zusammen mit az-Zubair) gegen ʿAlī, seit 656 Kalif, gestellt. Sie hatte sogar an einer Schlacht gegen ihn teilgenommen, der „Kamelschlacht“, benannt nach dem Kamel, auf dem sie die Kriegshandlungen beobachtete. Worum ging es dabei? ʿAli war wohl aus der Reihe getanzt. Er regierte im irakischen Kufa statt in Medina; er kümmerte sich wenig um die Bestrafung der Mörder seines Vorgängers Uthman; seine Popularität bei den Soldaten, die von ihm Zuwendungen empfingen, konnte den „Adel“ nicht beeindrucken, im Gegenteil. Kurzum, er benahm sich nicht, wie es von einem Mitglied der frühen Elite erwartet wurde.
Die Kamelschlacht gewann ʿAlī. Es ist verständlich, dass Aischa danach bei ihm und seinen („schiitischen“) Anhängern besonders unbeliebt war. Nach ʿAlīs Tod 661 verschärfte der Konflikt sich noch, weil die Schia das Kalifat für seine Söhne beanspruchte und generell eine Erbfolge im „Haus des Propheten“ befürwortete. Mit diesem Standpunkt konnte Aischa sich unmöglich anfreunden, da ihre Ehe mit dem Propheten kinderlos geblieben war.
Oft hört man: Kein Wunder, dass Aischa später so bitter auf Kriegsfuß mit ʿAlī stand. Sie hat ihm seine feindselige Haltung bei dem Skandal nie vergeben können. Das Umgekehrte ist wahrscheinlicher: Die Schia hasste Aischa aus politischen Gründen und beschmutzte rückwirkend ihre Ehre, indem sie ihre Keuschheit als noch junge Ehefrau anzweifelte. Es ist denkbar, dass die Verleumdungskampagne erst spät in ihrem Leben oder sogar erst nach ihrem Tod 678 stattgefunden hat.

Was aber soll das junge Alter? Schon ʿUrwas Bericht in der Verleumdungsaffäre hatte Aischas Ehrbarkeit (allzu) energisch verteidigt. Die Überlieferung zum Heiratsalter will diese sogar noch steigern, in ebenfalls übertriebener Manier. So wird Aischa jünger und damit keuscher denn je. Dass sie als Neunjährige ins Ehebett gestiegen sein soll, dient allein der Feststellung, dass sie in jenem Augenblick auf jeden Fall noch Jungfrau war. Danach wurde ihre Keuschheit von dem Propheten, ihrem Mann, garantiert. Das Ganze ist eine Reaktion auf die außerordentliche Gemeinheit der Verleumdung und passt zu ʿUrwas Bestreben, die Familie Abu Bakrs zu verherrlichen.

Soweit die Betrachtungen eines nichtmuslimischen Orientalisten. Viele Muslime werden das anders sehen. Ihnen zufolge ist durchaus viel zum Propheten bekannt und Hadith-Texte halten sie oft für historische Quellen. Aber das frühe Heiratsalter der Aischa ist auch für sie oft unverdaulich.

———

Wie ich oben beschrieben habe, gibt es zur Ehe Mohammeds mit dem Kind Aischa nur einen Kerntext mit einigen Varianten und Ergänzungen. Muss man wirklich glauben, dass dieser von Tatsachen berichtet und als Quellen für Geschichtsschreibung verwendet werden kann? Ein moderner Nichtmuslim muss das natürlich nicht. Konservative Muslime dagegen, die nicht mit moderner Literaturwissenschaft vertraut sind, hegen nicht den geringsten Zweifel an der Geschichtlichkeit dieses Hadiths. Islamhasser tun das ebenfalls nicht: nach ihrer Meinung war Aischa neun, als sie entjungfert wurde und somit war Mohammed ein Pädophiler und ein perverser Kinderschänder. Je schwärzer der Islam, desto angenehmer ist ja das Kämpfen gegen ihn.

Im Prinzip glaubt aber nicht nur die konservative Minderheit, sondern die Mehrzahl der Muslime an die Zuverlässigkeit von korrekt überlieferten Hadithen als Geschichtsquelle. Moderne Muslime, die wie die meisten anderen Menschen der Meinung sind, dass ein so junges Mädchen in einem Ehebett nichts verloren hat, müssen also Wege finden um den peinlichen Hadith zu entkräften oder ganz loszuwerden.

Eine Möglichkeit ist: ignorieren und verdrängen. Es gibt in der Tat Muslime, die nicht mit dem Thema belästigt werden wollen. Ohne Zweifel hatte der Prophet das Beste mit der kleinen Aischa vor; zu etwas Anderem war er ja nicht fähig, und für das Mädchen war es eine Gnade, bereits als Kind die Nähe und den Segen des Propheten zu erfahren; Amen! Solche Gläubige mögen sich nicht vorstellen, wie der etwas beleibte Fünfziger mit einem so kleinen Mädchen Geschlechtsverkehr hatte. Den müssten sie aber gehabt haben, denn eine Ehe besteht erst durch ihren Vollzug. Das Ignorieren des Problems wird durch die eindringlichen Fragen der Außenwelt immer schwieriger.

Andere Muslime und verständnisvolle Andersgläubige wollen das Problem nicht vertuschen, sondern versuchen den Hadith mit Argumenten zu retten. Ihre Argumente sind meist lässig und vage, wie zum Beispiel: „Zu der Zeit fing die Pubertät ja viel früher an,“ oder: „Aischa war bestimmt frühreif; das kommt in warmen Ländern öfters vor,“ oder: „Damals wusste niemand, wie alt er genau war.“ Das letzte Argument ist sicherlich zutreffend, aber eine Ehe mit einem viel zu jungen Mädchen fällt auch ohne Einwohnermeldeamt auf. Die ersten beiden Aussagen sind völlig spekulativ und frei von Sachverstand. Ärzte versichern mir sogar, dass die Pubertät in der Antike durch die schlechtere Ernährung erheblich später eintrat als heutzutage.

Islamische Argumente wider Aischas junges Heiratsalter
Muslime, die glauben, dass Hadithe von wahren Begebenheiten berichten, müssen sich also Mühe geben, um den speziellen Text über Aischas Heiratsalter für unglaubwürdig zu erklären. Habib-ur-Rahman Siddiqui Kandhalvi hat 1997 in seinem »Tahqiq-e ‘omr-e ‘A’isha« (englisch »Age of Aisha«, Karatschi 1998) vierundzwanzig Argumente beigebracht, die Muslimen helfen sollen, den anstößigen Hadith nicht für wahr zu halten. Manche dieser Argumente sind kompliziert, andere naiv, andere sind gar keine, aber auf jeden Fall führen sie zum Ziel. Einen Teil der komplizierten Argumente versuche ich hier zusammenzufassen. Dabei verwende ich die bei uns gängigen Jahreszahlen. 622 war die Hidschra von Mekka nach Medina, Aischa soll 614 geboren sein und 623 soll ihre Ehe vollzogen worden sein.

Argumente aus Hadithen
Eine alte islamische Manier um einen Hadith loszuwerden ist nachzuweisen, dass er schwach überliefert ist; anders gesagt, das der isnad (Überlieferkette) untauglich ist. Bei Kandhalvi lesen wir über den Aischa-Hadith, dass Hischam Ibn Urwa ein schwaches Glied in der Überlieferkette bildet. In den nahezu kanonisch gewordenen Hadithsammlungen des Bukhari und Muslim stehen aber viele Hadithe dieses Hisham; sind die denn alle untauglich? Kandhalvi zufolge, der sich auf einigen biografischen Lexika stützt, war Hisham zuverlässig, so lange er in Medina wohnte, aber als er mit 71 in den Irak umgezogen war, hat er nur noch Unsinn geredet, vielleicht weil er schon alt und verwirrt war und sein Gedächtnis nachgelassen hatte. Ein etwas wackliges Argument, wie er mir scheint.
Einem anderen Hadith zufolge, so Kandhalvi, erzählte Aischa, sie sei „ein Mädchen das spielte“ gewesen, als die Sura 54 des Korans offenbart wurde. Dies, so weiß man, geschah im Jahr 614. Wenn Aischa damals schon groß genug war, um sich die Sura zu merken und mit anderen Mädchen zu spielen, muss sie zumindest sieben Jahre alt gewesen und folglich um 608 geboren sein, was sie im Jahr 623 alt genug machte für den Ehevollzug.
„So lange ich denken konnte“ soll Aischa gesagt haben, „waren meine Eltern bereits Anhänger der Religion und der Prophet kam jeden Tag zu unserem Haus.“ Und noch andere frühislamische Ereignisse hat sie bewusst erlebt und sich an sie erinnert. Das weist ebenfalls auf ein Geburtsjahr lange vor 614 hin.

Aus der Geschichtsschreibung
So weit einige Argumente auf Grund von Hadithen. Kandhalvi führt aber auch Argumente auf Basis der profanen Geschichtsschreibung an, die für Muslime weniger religiöse Autorität besitzt, Nichtmuslimen dagegen etwas glaubwürdiger vorkommt. Eines davon lautet: Aischas Halbschwester Asmāʾ war zehn Jahre älter als sie. Asmāʾ starb hundertjährig im Jahr 695. Bei der Hidschra 622 war sie 28 Jahre alt und Aischa 18. Als Aischa ein Jahr nach der Hidschra heiratete, hätte sie also das heiratsfähige Alter mehr als erreicht gehabt. Ein weiteres Argument in diesem Stil lautet: Aischas Vater Abu Bakr hatte vier Kinder von zwei Frauen, alle geboren in vorislamischer Zeit. Diese endete mit Mohammeds Berufung zum Propheten im Jahr 610. Sogar wenn Aischa nur ein Jahr davor geboren war, wäre sie bei ihrem Ehevollzug schon alt genug gewesen. Des Weiteren wird berichtet, dass Aischa „als sie noch ganz jung war“ als eine der ersten zum Islam übertrat, noch bevor Umar sich ca. 610 bekehrte. Dazu muss sie schon etwas älter gewesen sein.

Aus dem islamischen Recht
Kandhalvi entnimmt aber auch dem islamischen Recht Argumente, obwohl sich das erst später entwickelt hat. Einmal weist er darauf hin, dass nach dem Konsens (idjmāʿ) der Rechtsgelehrten Ehen erst erlaubt sind, wenn die Pubertät erreicht ist. Auch darf eine Frau nicht ohne ihre Zustimmung verheiratet werden. Um diese zu geben, muss Aischa also volljährig gewesen sein. Und schließlich: Aischa soll bei den Schlachten von Badr (624) und Uhud (625) anwesend gewesen sein. Das Mindestalter für die Teilnahme an Schlachten war aber fünfzehn Jahre. Aischa muss also 609 oder früher geboren worden sein.

Die meisten dieser Argumente Kandhalvis dürften Nichtmuslimen kaum überzeugen. Aber das muss gläubige Muslime nicht kümmern; für viele von ihnen sind sie akzeptabel. Und es ist durchaus interessant, zu beobachten, wie es Muslimen gelingt, einen unerwünschten Hadith mit Hilfe nichtwestlicher, nichtwissenschaftlicher Argumente erfolgreich zu entkräften. So werden sie einen peinlichen Text los, während niemand sie zwingt, ihr Glaubenssystem aufzugeben.

Wenn das mit einem Thema möglich ist, müsste es auch mit anderen gehen. So könnte man endlich vollführen, was schon der ägyptische „Reformator“ Muhammad Abduh (1849–1905) tun wollte, nämlich die meisten Hadithe (und die darauf basierenden Regeln) für obsolet erklären. Polygamie, Weinverbot, Zinsverbot, die Bedeckung der Frau—mit einer etwas altmodischen, innerislamischen Philologie können sie alle abgebaut werden. So viel Arbeit ist es nicht mal. Es bliebe die Frage: Welche Hadithe sind noch unerwünscht? Für Abduh waren das alle Hadithe, die nicht unmittelbar mit Kultus und Glaubenslehre zu tun haben. Zu erwarten ist freilich, dass Muslime in unserer Zeit einige mehr behalten möchten, aus Furcht vor Identitätsverlust und vor allzu unabhängigen Frauen.

Der unerschütterliche Glauben an Aischas Entjungferung als Kind bleibt somit nur strammen Salafisten und Islamhassern vorbehalten. Die, aber nur die, wissen es genau: das Mädchen war neun!

Auch veröffenlticht in zenith, 04/2016, S. 126–7, und @@@

Zurück zum Inhalt

Dürfen Frauen in die Moschee gehen?

🇳🇱 Jemand wies daraufhin, dass der Prophet Mohammed Frauen zwar erlaubte in die Moschee zu gehen, aber doch lieber sah, dass sie zu Hause blieben. Das untermauerte er mit dem Verweis auf nur einen Hadith (unten Nr. 7).
Ich habe geantwortet, dass es auch andere Hadithe gibt und dass man nie nur einen Hadith zitieren soll. Erst wenn man alle Hadithe zu einem gewissen Thema zusammengestellt hat, sieht man, worum es sich in den Texten handelt. Das wird aber oft ein unerreichbares Ideal bleiben, denn ein Thema wie dieses gründlich zu erforschen würde einen erfahrenen Forscher — und wo gibt es die noch?— zwei Monate kosten und andere noch viel mehr. Ich kann das jetzt nicht machen, deshalb bleibe ich an der Oberfläche. Auf die Schnelle habe ich in den wichtigsten Sammlungen, den sog. Neun Büchern, 22 Hadithe zu dieser Frage gesammelt. Es gibt ohne Zweifel viele mehr, aber diese 22 geben doch einen Eindruck—der sich wieder ändern könnte, wenn etwa Texte aus den älteren „nicht-kanonischen“ Sammlungen herangezogen würden, wie z.B. die des ‘Abd ar-Razzāq as-San‘ānī. Die Texte brauchen noch nähere Analyse; manche sind richtig raffiniert! Es wäre mal an der Zeit, dass die Hadithliteratur, die jeder angeblich so wichtig findet, gründlich analysiert wird, anstatt dass man immer wieder mit einem willkürlichen Zitat kommt. Aber wer wird dieses Studium unternehmen?

Ein Nichtmuslim muss nicht glauben, dass alle diese 22 Hadithe wirklich auf Mohammed zurückgehen. Zum Glück, denn sonst hätte der Prophet schon ganz viele Meinungen zum Thema gehabt. Was solche Texte zeigen ist, dass der Besuch der Frauen in der Moschee offensichtlich irgendwo, irgendwann ein Diskussionsthema war. Klar ist auch, dass in diesen Texten der Prophet als Befürworter dargestellt wird und dass der Widerstand vor allem vom Kalifen ‘Umar und dessen Nachkommen ausging (Hadith 4–6, 13). Das ist oft der Fall in dieser Literatur. Aber auch (Ibn) ‘Umars Widerstand ist nicht historisch belegt. „‘Umar“ steht für die Rechtsschule von Medina, die erheblich strenger war als die Schulen im Irak, woher die meisten Hadithe stammen. Siehe dazu ‘Umar und der Prophet.

Ich gehe vorläufig davon aus, dass diese Diskussion ca. 720–750 stattgefunden hat, obwohl ich das nicht beweisen kann (s. Hadithe datieren).

Der Hadith, in dem der Prophet Frauen erlaubte in die Moschee zu gehen, war offensichtlich überall fest etabliert. Gegner konnten den Text nicht wegschaffen, aber sie versuchten ihren Standpunkt durchzusetzen indem sie an den Texten herumbastelten und einschränkende Phrasen hinzufügten. Auch das passiert oft in der Welt des Hadith; ein gründliches Studium würde das ans Tageslicht bringen.

Was würde gegen die Anwesenheit von Frauen in der Moschee sprechen? Sie könnten störend oder verführend wirken oder Männer in einer unwürdigen Position sehen. Die Frauen beten ja hinter den Männern—wenn sie aufblicken haben sie die Aussicht auf eine ganze Reihe Männergesäße. Dies könnte unerwünschte Situationen mit sich bringen (Hadith 20). Deshalb sollten sie das Gebet etwas früher verlassen—oder etwas später aufblicken.

Verwandte Themen, die man dazu noch untersuchen könnte: Der abendliche Toilettengang der Frauen. Die Frau als Ablenkung vom Gebet.

In den 22 Hadithen erkenne ich die folgenden Motive:
– Der Prophet erlaubt Frauen in die Moschee zu gehen (Variante: wenn ihr Mann einverstanden ist).
– Sie dürfen, aber es ist besser, dass sie zu Hause bleiben.
– Sie  dürfen an Feiertagen, sollen sogar, nur menstruierende Frauen nicht oder nur bedingt.
– Sie dürfen, aber ohne Schmuck und vornehme Kleidung.
– Sie dürfen, aber nur abends/nachts. [Im Dunkel stören oder verführen sie ja niemand.]
– Selbstverständlich dürfen Frauen in die Moschee; sie sind einfach da.
– Frauen sind in der Moschee, aber sie sollen sich nach dem Gebet früher zurückziehen [um Begegnungen mit Männern vorzubeugen].

Hier folgen die Hadithtexte erst in Übersetzung, danach im ursprünglichen Arabisch.

Der Prophet erlaubt Frauen in die Moschee zu gehen
1. Der Prophet hat gesagt: “Verbietet Gottes Dienstmägden nicht in Gottes Moscheen zu gehen!”
2. Der Prophet hat gesagt: “Wenn eure Frauen euch um Erlaubnis bitten in die Moscheen zu gehen, gebt ihnen die!”
3. Der Prophet hat gesagt: “Wenn die Frau von einem von euch um Erlaubnis bittet [in die Moschee zu gehen], verbietet es ihr nicht!”

4. ‘Abdallāh ibn ‘Umar: Ich habe den Propheten sagen hören: “Verbietet euren Frauen nicht, in die Moschee zu gehen, wenn sie euch um Erlaubnis bitten!”
‘Abdallāh [ibn ‘Umar]s Sohn Bilāl sagte: Bei Gott, aber sicher verbieten wir ihnen das! Darauf lief sein Vater zu ihm hin und schimpfte ihn so furchtbar aus, wie ich es von ihm noch nie gehört hatte, und er sagte: Ich überliefere dir etwas vom Propheten und dann sagst du: Bei Gott, wir verbieten ihnen das!
5=13. Ibn ʿUmar: Der Prophet hat gesagt: “Verbietet den Frauen nicht nachts in die Moscheen zu gehen!”
Ein Sohn von ‘Abdallāh ibn ‘Umar sagte: Wir lassen sie nicht gehen; das würden sie zum Anlass der Verdorbenheit nehmen. Aber sein Vater rügte ihn und sagte: Ich sage: Der Prophet hat gesagt: [Verbietet ihnen nicht …!] und du sagst: Wir lassen sie nicht gehen … !
6. Eine der Frauen ‘Umars beteiligte sich am Morgengebet und am Abendgebet in der Gemeinde in der Moschee. Jemand fragte sie: Warum gehst du aus? Du weißt doch, dass ‘Umar das nicht gern hat und dass er eifersüchtig ist?
– Und was würde ihn daran hindern es mir zu verbieten?
– Was ihn daran hindert, ist der Hadith des Propheten: “Verbietet Gottes Dienstmägden nicht in Gottes Moscheen zu gehen!”

Sie dürfen in die Moschee gehen, aber zu Hause bleiben ist besser.
7. Der Prophet hat gesagt: „Verbietet euren Frauen nicht in die Moscheen zu gehen, aber zu Hause bleiben ist besser für sie.“

Sie  dürfen an Feiertagen, sollen sogar, nur menstruierende Frauen nicht.
8. Der Prophet befahl uns [an Feiertagen] heiratsfähige Mädchen, die in Absonderung leben, [in  die Moschee] gehen zu lassen. Und er befahl menstruierende Frauen von dem Gebetsplatz der Muslime fernzuhalten.
9. Uns  wurde befohlen an Feiertagen [in die Moschee] zu gehen: die Frauen, die in Absonderung gehalten werden, und die Jungfrauen. Menstruierende Frauen gehen nach den anderen Menschen und sprechen den takbīr zusammen mit den anderen Menschen.

Sie dürfen, aber nicht aufgedonnert
10. Hätte der Prophet gewusst, wie die Frauen heutzutage herumlaufen, so hätte er ihnen verboten in die Moschee zu gehen, wie dies auch den Frauen der Israeliten verboten war. (Ich fragte ‘Amra: War es denen denn verboten? Ja, sagte sie.)
11. “Verbietet Gottes Dienstmägden nicht in Gottes Moscheen zu gehen, aber lasst sie unparfümiert gehen!” Aisha sagte: Hätte der Prophet gesehen, wie sie heutzutage sind, hätte er es ihnen verboten.
12. Der Prophet saß einmal in der Moschee, als eine Frau aus Muzaina in einem Prachtgewand hereinparadierte. Da sagte der Prophet: “Menschen, verbietet euren Frauen Prachtgewänder zu tragen und damit in der Moschee zu prunken!  Denn die Israeliten wurden erst verflucht, als ihre Frauen anfingen Prachtgewänder zu tragen und damit in den Moscheen zu prunken.”

Sie dürfen abends/nachts
13=5. Der Prophet hat gesagt: “Verbietet den Frauen nicht nachts in die Moscheen zu gehen!”
Ein Sohn von ‘Abdallāh ibn ‘Umar sagte: Wir lassen sie nicht gehen; das würden sie als Anlass der Verdorbenheit nehmen. Aber sein Vater rügte ihn und sagte: Ich sage: Der Prophet hat gesagt: [Verbietet ihnen nicht …!] und du sagst: Wir lassen sie nicht gehen … !
14. Der Prophet hat gesagt: „Erlaubt den Frauen nachts in die Moscheen zu gehen.“
15. Der Prophet hat gesagt: „Wenn eure Frauen euch um Erlaubnis bitten nachts in die Moschee zu gehen, gebt ihnen die!“
16. Wenn der Prophet das Morgengebet verrichtete, gingen die Frauen weg, in ihre Wollgewänder gehüllt, unkenntlich im Dunkeln.
17. Der Prophet wartete im ersten Drittel der Nacht, als ‘Umar ihm zurief: Die Frauen und Kinder sind schlafen gegangen. Da kam der Prophet heraus und sagte: “Niemand in der Welt wartet darauf außer euch.” (Zu der Zeit wurde nur in Medina das Gebet verrichtet und man tat das im ersten Drittel der Nacht, zwischen dem Augenblick, als das Abendrot verschwand, bis zu einem Drittel der Nacht.)
18. Der Prophet verrichtete das frühe Morgengebet als es noch dunkel war; dann gingen die Frauen der Gläubigen weg, unkenntlich im Dunkeln (Variante: ohne einander zu erkennen).

Frauen sind selbstverständlich in der Moschee
19. Der Prophet hat gesagt: Wenn ich das Gebet lang machen will, aber dann das Weinen eines kleinen Kindes höre, dann leiere ich es schnell herunter, weil ich die Mutter ungern stören möchte.
20. Ich habe Männer gesehen, die sich ihr Lendentuch um den Hals geknüpft hatten wie kleine Jungen, weil ihr Lendentuch zu knapp war, und so hinter dem Propheten das Gebet verrichteten. Jemand sagte: „Frauen! Ihr sollt eure Köpfe nicht heben, bevor die Männer es tun!“

Frauen sind selbstverständlich in der Moschee, aber sie sollen früher weggehen
21. Der Prophet war gewohnt, wenn er den taslīm sprach, ein wenig zu zögern. Man war der Meinung, das geschehe um die Frauen vor den Männern weggehen zu lassen.
22. Als der Prophet den taslīm sprach, standen die Frauen auf, wenn er diesen beendete, während er noch ein wenig an seinem Platz, blieb bevor er selber aufstand. Wir meinen, aber Gott weiß es am Besten, dass das geschah, damit die Frauen weggingen, bevor die Männer sie überholen würden.
23. Zur Zeit des Propheten standen die Frauen auf, wenn sie mit dem festgelegten taslīm fertig waren, während der Prophet und diejenigen, die mit ihm das Gebet verrichteten, noch ein wenig blieben. Und wenn der Prophet aufstand, standen auch die anderen Männer auf.

TEXTE UND BELEGSTELLEN DER HADITHE

1.  حدثنا محمد بن عبد الله بن نمير حدثنا أبي وابن إدريس قالا حدثنا عبيد الله عن نافع عن ابن عمر أن رسول الله ص قال لا تمنعوا إماء الله مساجد الله. Muslim, Salāt 136
2. حدثنا عبد الله حدثني أبي ثنا ابن نمير ثنا حنظلة سمعت سالما يقول سمعت ابن عمر يقول سمعت رسول الله ص يقول: إذا استأذنكم نساؤكم الى المساجد فأذنوا لهن. Ahmad ibn Hanbal, Musnad ii, 143
3. حدثنا مسدد حدثنا يزيد بن زريع عن معمر عن الزهري عن سالم بن عبد الله عن أبيه عن النبي ص إذا استأذنت امرأة أحدكم فلا يمنعها. Bukhārī, Ādhān 166 = ± Muslim, Salāt 134
4. حدثني حرملة بن يحيى أخبرنا ابن وهب أخبرني يونس عن ابن شهاب قال أخبرني سالم بن عبد الله أن عبد الله بن عمر قال سمعت رسول الله ص يقول لا تمنعوا نساءكم المساجد إذا استأذنكم إليها قال فقال بلال بن عبد الله والله لنمنعهن قال فأقبل عليه عبد الله فسبه سبا سيئا ما سمعته سبه مثله قط وقال أخبرك عن رسول الله ص وتقول والله لنمنعهن. Muslim, Salāt 135
5. حدثنا أبو كريب حدثنا أبو معاوية عن الأعمش عن مجاهد عن ابن عمر قال قال رسول الله ص لا تمنعوا النساء من الخروج إلى المساجد بالليل فقال ابن لعبد الله بن عمر لا ندعهن يخرجن فيتخذنه دغلا قال فزبره ابن عمر وقال أقول قال رسول الله ص وتقول لا ندعهن.  Muslim, Salāt 138, = ± 139; ± Ahmad ibn Hanbal, Musnad ii, 143
6. حدثنا يوسف بن موسى حدثنا أبو أسامة حدثنا عبيد الله بن عمر عن نافع عن ابن عمر قال كانت امرأة لعمر تشهد صلاة الصبح والعشاء في الجماعة في المسجد فقيل لها لم تخرجين وقد تعلمين أن عمر يكره ذلك ويغار قالت وما يمنعه أن ينهاني قال يمنعه قول رسول الله ص لا تمنعوا إماء الله مساجد الله. Bukhārī, Djum‘a 13 
7.  حدثنا عثمان بن أبي شيبة حدثنا يزيد بن هارون أخبرنا العوام بن حوشب حدثني حبيب بن أبي ثابت عن ابن عمر قال: قال رسول الله ص لا تمنعوا نساءكم المساجد وبيوتهن خير لهن. Abū Dāwūd, Salāt 52
8.  حدثني إبو الربيع الزهراني حدثنا حماد حدثنا أيوب عن محمد عن أم عطية قالت: أُمرنا (تعني النبي ص) أن نخرج في العيدين العواتق وذوات الخدور وإمرالحيض أن يعتزلن مصلى المسلمين. , Muslim, ‘Īdain 10
9. حدثنا يحيى بن يحيى أخبرنا أبو خيثمة عن عاصم الأحول عن حفصة بنت سيرين عن أم عطية قالت كنا نؤمر بالخروج في العيدين والمخبأة والبكر قالت الحيض يخرجن فيكن خلف الناس يكبرن مع الناس. Muslim, ‘Īdayn 11
10.  حدثنا عبد الله بن يوسف قال أخبرنا مالك عن يحيى بن سعيد عن عمرة عن عائشة ر قالت لو أدرك رسول الله ص ما أحدث النساء لمنعهن كما منعت نساء بني إسرائيل قلت لعمرة أومنعن قالت نعم. Bukhārī, Ādhān 163d = Muslim, Salāt 144
11. حدثنا عبد الله حدثني أبي ثنا الحكم ثنا عبد الرحمن بن أبي الرجال فقال أبي يذكره عن أمه عن عائشة عن النبي ص قال: لا تمنعوا إماء الله مساجد الله وليخرجن تفلات. قالت: عائشة: ولو رأى حالهن اليوم منعهن.  Ahmad ibn Hanbal, Musnad vi, 69–70
12. حدثنا أبو بكر بن أبي شيبة وعلي بن محمد قالا حدثنا عبيد الله بن موسى عن موسى بن عبيدة عن داود بن مدرك عن عروة بن الزبير عن عائشة قالت بينما رسول الله ص جالس في المسجد إذ دخلت امرأة من مزينة ترفل في زينة لها في المسجد فقال النبي ص يا أيها الناس انهوا نساءكم عن لبس الزينة والتبختر في المسجد فإن بني إسرائيل لم يلعنوا حتى لبس نساؤهم الزينة وتبخترن في المساجد. Ibn Mādja, Fitan 19
13. حدثنا أبو كريب حدثنا أبو معاوية عن الأعمش عن مجاهد عن ابن عمر قال قال رسول الله ص لا تمنعوا النساء من الخروج إلى المساجد بالليل فقال ابن لعبد الله بن عمر لا ندعهن يخرجن فيتخذنه دغلا قال فزبره ابن عمر وقال أقول قال رسول الله ص وتقول لا ندعهن. Muslim, Salāt 138, ± 139; = ± Ahmad ibn Hanbal, Musnad ii, 143
14. حدثنا عبد الله بن محمد حدثنا شبابة حدثنا ورقاء عن عمرو بن دينار عن مجاهد عن ابن عمر عن النبي ص قال ائذنوا للنساء بالليل إلى المساجد. Bukhārī, Djum‘a 13
15.  حدثنا عبيد الله بن موسى عن حنظلة عن سالم بن عبد الله عن ابن عمر ر عن النبي ص قال إذا استأذنكم نساؤكم بالليل إلى المسجد فأذنوا لهن. Bukhārī, Ādhān 162b, Muslim, Ṣalāt 137
16. حدثنا عبد الله بن مسلمة عن مالك ح وحدثنا عبد الله بن يوسف قال أخبرنا مالك عن يحيى بن سعيد عن عمرة بنت عبد الرحمن عن عائشة قالت: إن كان رسول الله ص ليصلي الصبح فينصرف النساء متلفعات بمروطهن ما يعرفن من الغلس. Bukhārī, Ādhān 163b
17.  حدثنا أبو اليمان قال أخبرنا شعيب عن الزهري قال أخبرني عروة بن الزبير عن عائشة رضي الله عنها قالت أعتم رسول الله ص بالعتمة حتى ناداه عمر نام النساء والصبيان فخرج النبي صلى الله عليه وسلم فقال ما ينتظرها أحد غيركم من أهل الأرض ولا يصلى يومئذ إلا بالمدينة وكانوا يصلون العتمة فيما بين أن يغيب الشفق إلى ثلث الليل الأول. Bukhārī, Ādhān 162a
18.  حدثنا يحيى بن موسى حدثنا سعيد بن منصور حدثنا فليح عن عبد الرحمن بن القاسم عن أبيه عن عائشة ر أن رسول الله ص كان يصلي الصبح بغلس فينصرفن نساء المؤمنين لا يعرفن من الغلس أو لا يعرف بعضهن بعضا. Bukhārī, Ādhān 165
19. حدثنا محمد بن مسكين قال حدثنا بشر بن بكر أخبرنا الأوزاعي حدثني يحيى بن أبي كثير عن عبد الله بن أبي قتادة الأنصاري عن أبيه قال قال رسول الله ص إني لأقوم إلى الصلاة وأنا أريد أن أطول فيها فأسمع بكاء الصبي فأتجوز في صلاتي كراهية أن أشق على أمه. Bukhārī, Ādhān 163c
20. حدثنا أبو بكر بن أبي شيبة حدثنا وكيع عن سفيان عن أبي حازم عن سهل بن سعد قال لقد رأيت الرجال عاقدي أزرهم في أعناقهم مثل الصبيان من ضيق الأزر خلف النبي ص فقال قائل يا معشر النساء لا ترفعن رءوسكن حتى يرفع الرجال. Muslim, Salāt 133
21.  حدثنا محمد بن يحيى ومحمد بن رافع قالا حدثنا عبد الرزاق أخبرنا معمر عن الزهري عن هند بنت الحارث عن أم سلمة قالت كان رسول الله ص إذا سلم مكث قليلا وكانوا يرون أن ذلك كيما ينفذ النساء قبل الرجال. Abū Dāwūd, Salāt 196
22.  حدثنا يحيى بن قزعة قال حدثنا إبراهيم بن سعد عن الزهري عن هند بنت الحارث عن أم سلمة ر قالت كان رسول الله ص إذا سلم قام النساء حين يقضي تسليمه ويمكث هو في مقامه يسيرا قبل أن يقوم قال نرى والله أعلم أن ذلك كان لكي ينصرف النساء قبل أن يدركهن أحد من الرجال. Bukhārī, Ādhān 164a, 166b
23. حدثنا عبد الله بن محمد حدثنا عثمان بن عمر أخبرنا يونس عن الزهري قال حدثتني هند بنت الحارث أن أم سلمة زوج النبي ص أخبرتها أن النساء في عهد رسول الله ص كن إذا سلمن من المكتوبة قمن وثبت رسول الله ص ومن صلى من الرجال ما شاء الله فإذا قام رسول الله ص قام الرجال. Bukhārī, Ādhān 163a

Diakritische Zeichen: aṣ-Ṣanʿānī, ṣalāt, Aḥmad ibn Ḥanbal, al-Buḫārī, Āḏān, Ǧumʿa, Ibn Māǧa

Zurück zum Inhalt

Sonnenfinsternis

Einige Hadithe zur Sonnenfinsternis:

  • […] von al-Mughīra ibn Shu‘ba: Als der Prophet noch lebte, verfinsterte sich die Sonne an dem Tag, als sein kleiner Sohn Ibrāhīm verstarb. Die Leute sagten:„Die Sonne hat sich verfinstert, weil Ibrāhīm gestorben ist.“ Der Prophet aber sagte: „Sonne und Mond verfinstern sich nicht, weil jemand gestorben ist oder noch lebt. Wenn ihr eine [Sonnen- oder Mond]finsternis sieht, verrichtet dann das Gebet und ruft Gott an!“
  • […] von ʿAbdallāh ibn ‘Amr: Als sich einmal zu Lebzeiten des Propheten die Sonne verfinsterte, wurde zum gemeinsamen Gebet gerufen.2
  • […] von Djābir ibn ‘Abadallāh: Zu Lebzeiten des Propheten gab es einmal eine Sonnenfinsternis an einem sehr warmen Tag. Der Prophet stimmte ein Gebet an und blieb so lange stehen, dass seine Gefährten umfielen. Dann verrichtete er zwei Verbeugungen und hielt diese lange an; auch seinen Kopf hielt er lange erhoben. Daraufhin warf er sich zweimal zu Boden; dann stand er auf un tat noch mal dasselbe. Er verbeugte sich viermal und warf sich viermal zu Boden. Danach sagte er: „Alle Orte, wohin ihr kommen werdet, sind mir gezeigt worden. Das Paradies wurde mir gezeigt, bis ich so nahe daran war, dass ich eine Traube hätte pflücken können.“ (oder er sagte:„ich langte nach eine Traube, aber konnte sie gerade noch nicht erreichen.“) „Auch die Hölle wurde mir gezeigt und dort sah ich eine Frau von den Israeliten, die wegen einer Katze gefoltert wurde, die sie festgebunden und nicht gefüttert hatte und die sie auch nicht ihre eigene Nahrung unter den Feldtieren hatte suchen lassen. Und ich sah wie Abū Thumāma ‘Amr ibn Mālik seine Eingeweide in der Hölle fortschleppte.“
    Man meinte damals, dass die Sonne und der Mond sich nur wegen des Todes eines wichtigen Mannes verfinsterten. Es sind aber zwei von Gottes Zeichen, die Er euch zeigt. Wenn sie sich verfinstern, verrichtet das Gebet, bis sie wieder sichtbar sind.3

Diese Hadithe rechnen ab mit dem offenbar früher existierenden Glauben, dass eine Sonnenfinsternis mit dem Tod einer wichtigen Person zu tun hätte.4 Als Beispiel hat man das Sterben Ibrāhīms, des (fiktiven) Sohns des Propheten, verwendet.5 Aus islamischer Sicht hat Gott den Lauf der Himmelskörper fest in Händen; deshalb ist eine Sonnenfinsternis nichts Wichtiges oder Beunruhigendes. Andererseits soll freilich die ganze Zeit über gebetet werden. Aber die Texte sagen gerade noch nicht, dass die Sonnenfinsternis wegen der Gebete aufhört. Es betrifft im Prinzip die normalen, alltäglichen rituellen Gebete (salāt). Man kann dieses Beten interpretieren wie man will. Es ist eine Anerkennung der Herrschaft Gottes über die Himmelskörper. Es lenkt von etwaiger Angst oder von Aberglauben ab. Es beugt eventuellen Augenschäden vor, weil man nicht so lange in die Sonne starrt. Im ersten zitierten Hadith ist aber durchaus auch die Rede von Bittgebeten (du‘ā’).

ANMERKUNGEN
1. Bukhārī, Kusūf 1:

حدثنا عبد الله بن محمد قال حدثنا هاشم بن القاسم قال حدثنا شيبان أبو معاوية عن زياد بن علاقة عن المغيرة بن شعبة قال: كسفت الشمس على عهد رسول الله ص يوم مات إبراهيم فقال الناس كسفت الشمس لموت إبراهيم فقال رسول الله ص إن الشمس والقمر لا ينكسفان لموت أحد ولا لحياته فإذا رأيتم فصلوا وادعوا الله.

2. Bukhārī, Kusūf 3:

حدثنا إسحاق قال أخبرنا يحيى بن صالح قال حدثنا معاوية بن سلام بن أبي سلام الحبشي الدمشقي قال حدثنا يحيى بن أبي كثير قال أخبرني أبو سلمة بن عبد الرحمن بن عوف الزهري عن عبد الله بن عمرو ر قال: لما كسفت الشمس على عهد رسول الله ص نودي إن الصلاة جامعة.

3. Muslim, Kusūf 9:

وحدثني يعقوب بن إبراهيم الدورقي حدثنا إسمعيل ابن علية عن هشام الدستوائي قال حدثنا أبو الزبير عن جابر بن عبد الله قال: كسفت الشمس على عهد رسول الله ص في يوم شديد الحر فصلى رسول الله ص بأصحابه فأطال القيام حتى جعلوا يخرون ثم ركع فأطال ثم رفع فأطال ثم ركع ثم رفع فأطال ثم سجد سجدتين ثم قام فصنع نحوا من ذاك فكانت أربع ركعات وأربع سجدات ثم قال إنه عرض علي كل شيء تولجونه فعرضت علي الجنة حتى لو تناولت منها قطفا أخذته أو قال تناولت منها قطفا فقصرت يدي عنه وعرضت علي النار فرأيت فيها امرأة من بني إسرائيل تعذب في هرة لها ربطتها فلم تطعمها ولم تدعها تأكل من خشاش الأرض ورأيت أبا ثمامة عمرو بن مالك يجر قصبه في النار وإنهم كانوا يقولون إن الشمس والقمر لا يخسفان إلا لموت عظيم وإنهما آيتان من آيات الله يريكموهما فإذا خسفا فصلوا حتى تنجلي.

4. Vom alten Glauben, dass bei der Geburt einer wichtigen Person ein besonderer Stern erstrahlt (z.B. bei Jesus: Bibel, Matthäus 2:2) ist in der sīra schon einiges hängen geblieben: zu Mohammed z.B. Ibn Isḥāq: Das Leben Muhammed’s nach Muhammed Ibn Ishâk bearbeitet von Abd el-Malik Ibn Hischâm, uitg. F. Wüstenfeld, Göttingen 1858–60, 102, حدثني من شئت من رجال قومي عن حسان بن ثابت ، قال : والله إني لغلام يفعة ، ابن سبع سنين أو ثمان ، أعقل كل ما سمعت ، إذ سمعت يهوديا يصرخ بأعلى صوته على أطمة بيثرب : يا معشر يهود ، حتى إذا اجتمعوا إليه ، قالوا له : ويلك ما لك ؟ قال : طلع الليلة نجم أحمد الذي ولد به.; meine Übersetzung: […] dass Ḥassān ibn Thābit gesagt hat: Ich war schon ein großer Junge, sieben oder acht Jahre alt, der alles verstand, was er hörte. Ich hörte, wie ein Jude von oben auf einer Festung in Yahtrib rief, so laut wie er konnte: „Alle Juden hierher!“ Sie versammelten sich um ihm und riefen: „Hey, was ist los?“ Er antwortete: „Heute Nacht ist der Stern aufgegangen, unter dem Aḥmad geboren ist.“
5. Über ihn habe ich hier einen separaten Beitrag geschrieben.

Zurück zum Inhalt