Wörterbücher des Arabischen sind weltweit minderwertig. Als Arabist muss man lernen mit dem Vorhandenen auszukommen. Wer ein Wörterbuch einer anderen Sprache aufschlägt, z.B. Muret-Sanders für Englisch, sieht den enormen Qualitätsunterschied. In Deutschland geht es ja noch. Die fünfte Auflage Arabisch-Deutsch von „dem Wehr“ sieht modern und gediegen aus, aber die Antiquiertheit und Willkür der Erstausgabe (1952) schimmern noch durch. (Für fortgeschrittene Arabisten sei auf den Exkurs am Ende dieses Artikels hingewiesen.) Trotzdem ist die 5. Auflage das beste Wörterbuch; insbesondere bezüglich der Einträge zu den jeweiligen Verb-Präposition-Verbindungen und der idiomatische Ausdrücke erweist es sich als tauglich. Das größere und moderne Werk von Schregle ist leider nie fertig geworden. Es gibt zwei kleinere Arabisch-Deutsche Wörterbücher und ein halbwegs brauchbares deutsch-arabisches. Für Juristen gibt es ein spezialisiertes Wörterbuch.
- – Hans Wehr, Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart, Arabisch-Deutsch, 5. Aufl., Wiesbaden (Harrassowitz) 1985. [Günstiger Nachdruck meist vorhanden bei Lehnert & Landrock, 44, Sherif Str., Kairo; und in Beirut. Die 4. Auflage ist billiger, aber um 150 Seiten dünner. Man kann es auch illegal herunterladen, aber wer ein Wörterbuch benutzen will, hat davon nichts.]
– Götz Schregle, Arabisch-deutsches Wörterbuch, Wiesbaden (Steiner Verlag) 1981–92. [Gut, modern, groß, aber teuer und kaum erhältlich. Es geht nur bis qusṭanṭīna.1]
– Lorenz Kropfitsch, Handwörterbuch Arabisch-Deutsch, Langenscheidt 2003. [Gut, modern, kleiner als Wehr.]
– Götz Schregle u.a., Deutsch-arabisches Wörterbuch, Wiesbaden 1974.
– Eberhard Leicher, Wörterbuch der arabischen Wirtschafts- und Rechtssprache, deutsch-arabisch, Baden-Baden 1991; idem, arabisch-deutsch, Baden-Baden 1992.
– Langenscheidts Online-Wörterbuch. Wie groß und wie gut es ist kann ich nicht überblicken.
Die englischsprachige Welt verfügt seit kurzem endlich über ein gutes Wörterbuch:
- Oxford Arabic Dictionary. Qāmūs Uksfūrd al-‘Arabī. Arabic-English, English-Arabic, ed. Tressy Arts et al., Oxford 2014.
Das zweitbeste ist die Übersetzung (!) vom deutschen Wehr:
- J. M. Cowan (ed.), Arabic-English Dictionary: The Hans Wehr Dictionary of Modern Written Arabic, 4th. ed., Spoken Language Services 1993.
Im Niederländischen gibt es ein hervorragendes Werk:
- Jan Hoogland, Kees Versteegh und Manfred Woidich, Woordenboek Arabisch-Nederlands, Amsterdam (Bulaaq) 2003.
Für Französich gibt es allerlei; ich will hier nur ein kleines Buch nennen, aus dem ich als Student viel gelernt habe; vor allem Ausdrücke:
- Louis Saisse & Iskandar Chéhata, Vocabulaire français-arabe à l’usage des écoles d’Égypte et autres pays de langue arabe, London 1950. 396 S.
Das einzige brauchbare einheimische Wörterbuch für das moderne Arabisch ist Al-Mundjid fī al-luġa al-‘arabīya al-mu‘āṣira, das ist aber auch wirklich äußerst nützlich und mit vielen alltäglichen Beispielen (1. Aufl. 2000, nicht der bekannte Mundjid fi l-luġa wal-a‘lām, der bringt nichts)(Dieser Absatz ist von Frank Weigelt.)
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Warum sind Wörterbücher des Arabischen so schlecht?
– Weil die Arabische Welt nichts unternimmt. Das beste japanische Wörterbuch wird wohl aus Japan stammen, und das beste chinesische aus China. Aber die Arabische Welt schlägt sich mit bizarren, veralteten Wörterbüchern aus dem Mittelalter durch und produziert nichts Neues. Somit fehlt eine gediegene Basis für arabische Wörterbücher in und aus Fremdsprachen.
– Weil die Arabische Welt momentan schwach ist. Die Sprache der Macht wird immer gerne gelernt; mit Chinesisch wird es also auf Dauer schon werden, aber Arabisch gilt nun mal als zweitrangig. Es gibt deshalb nur wenige Menschen, die sich darum kümmern.
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- EXKURS zu Hans Wehrs ‘Schriftsprache der Gegenwart’
Wehr hat beim Erstellen seines Wörterbuchs offensichtlich seinen Assistenten beauftragt, das Glossar von Brünnow-Fischer2 auf Karteikärtchen zu schreiben. Wehr erwähnt Brünnow-Fischer jedoch nicht unter seinen Quellen. Das hätte auch schlecht ausgesehen, denn B/F enthält nur jahrhundertealte Texte und hat mit der Schriftsprache der Gegenwart nichts zu tun.
Einige Beispiele:
— 1. ḥanīf bedeutet nach B/Fs Glossar: „jmd. der statt e. ihn umgebenden falschen d. wahre Religion bekennt’. Nach Wehr, 5. Aufl.: „Rechtgläubiger; e-r der statt der ihn umgebenden falschen die wahre Religion bekennt,“ usw. Obwohl dieses Wort koranisch und uralt ist, steht es mit Recht in Wehr, weil es auch heutzutage vorkommt. Aber es ist klar, dass Wehrs theologisierende Umschreibung wörtlich aus B/F stammt. Die Hinzufügung „Rechtgläubiger“ stammt wohl aus seiner eigenen Phantasie. Welcher rechtgläubige Araber nennt sich je ḥanīf?
— 2. B/F, Wurzel √srr: „V tasarrā (neben tasarrara) c. bi mul.: zur Beischläferin (surriyya) nehmen.“ Wehr: „V tasarrā (neben tasarrara) zur Konkubine (surriyya) nehmen, als Geliebte haben (bi od. -hā e-e Frau).“ Nur das veraltete „Beischläferin“ ist ersetzt worden. Beide Werke ordnen das Wort unter die Wurzel √srr statt √sry ein, obwohl beide offensichtlich √sry als primär betrachten. Das Wort ist nicht mehr gängig.
— 3. taḥannatha bedeutet nach B/F: „Entsündigung, religiöse Läuterung suchen“. Wehr: „Frömmigkeit üben; Entsündigung, relig. Läuterung suchen; der Sünde widerstehen, der Sünde nicht nachgeben.“ Dieses Wort kommt in nur einem alten Prosatext aus dem 8. Jahrhundert vor. Was es bedeutete, war bereits im 9. Jahrhundert unklar.3 B/F wagte sich an eine Bedeutung; Wehr übernahm sie und „wusste“ noch viel mehr.
Wehr hat also auch ausgefallene klassische und sehr alte Wörter aufgenommen und ihre Bedeutung zum Teil abgeschrieben, zum Teil selbst erdacht.
ANMERKUNGEN
1. Auch Edward William Lane war seinerzeit der Buchstabe Q verhängnisvoll geworden.
2. R. E. Brünnow und A. Fischer, Arabische Chrestomathie aus Prosaschriftstellern, Leipzig 31924 und spätere Auflagen.
3. M. J. Kister, „Al-taḥannuth: an enquiry into the meaning of a term,“ BSOAS 31 (1968), S. 223-236. PDF-Datei online hier erhältlich.
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