Die Ka‘ba zerstört, der Koran verschwunden

Kurz vor dem Jüngsten Tag, also demnächst, werden nach sowohl christlichen wie auch islamischen Überlieferungen furchterregende Geschöpfe erscheinen, die der Menschheit das Leben schier unerträglich machen und Weh über die Erde verbreiten. Bei den Christen ist die Hauptfigur der Antichrist, bei den Muslimen der daǧǧāl, ebenfalls eine Art Antichrist.1 Aber Muslime kennen noch andere Endzeitgestalten: den Qaḥtānī, den Sufyanī und Ḏū as-Suwaiqatain. Überdies brechen zwei gewalttätige Völker los: Gog und Magog (Arabisch: Yāǧūǧ und Māǧūǧ) sowie ein Tier aus der Erde, und es ereignen sich Naturkatastrophen. Nach beiden Religionen wird dieser Schreckensperiode von dem wiederkehrenden, triumphierenden Jesus ein Ende gesetzt, und im Islam dazu noch von dem Mahdi. Es sind alte Prophezeiungen, die in Perioden der Ruhe und Wohlfahrt niemanden interessieren, aber in harten Zeiten immer wieder Menschen beängstigen.

Die wohl am wenigsten bekannte arabische Endzeitgestalt ist Ḏū as-Suwaiqatain, „der Dünnbeinige,“ der die Ka‘ba zerstören wird. Hier folgen zwei Hadithe zum Thema, überliefert von Bukhārī (810–870) bzw. Aḥmad ibn Ḥanbal (780–855):

  • Von ‘Abdallāh ibn ‘Umar: Ich habe den Propheten sagen hören: „Die Ka‘ba wird von Ḏū as-Suwaiqatain aus Äthiopien zerstört, der sie ihres Zierrats (ḥilya)2 beraubt und ihr die Hülle abzieht. Es ist, als ob ich ihn vor mir sehe: ein glatzköpfiges, krummbeiniges Männchen; er schlägt mit seiner Schaufel und seiner Spitzhacke darauf.“3
  • In einem Hadith des Hudaifa ibn al-Yaman heißt es: „Es ist, als ob ich einen Äthiopier vor mir sehe, mit roten Beinen und blauen Augen, mit einer platten Nase und einem dicken Bauch. Er hat seine Füße parallel auf die Ka‘ba gesetzt; er und einige Kumpane von ihm reißen sie Stein nach Stein ab und reichen einander die Steine weiter, die sie letztendlich ins Meer werfen.“4

Ein komischer Mensch ist das: Rote Beine und blaue Augen sind in Äthiopien rar, und dicke Bäuche ebenfalls. Aber „Äthiopisch“ steht im Hadith meist stellvertretend für „christlich“.5 Die Gefahr für die Ka‘ba kommt aus christlicher Ecke. Einer berühmten Erzählung zufolge versuchte Abraha, in vorislamischer Zeit der äthiopische Herrscher des Jemen, mit seinem Kriegselefanten Mekka zu erobern. Das sei durch göttliches Eingreifen misslungen, aber am Ende der Zeiten lasse Gott dann zu, dass Äthiopier das tun, was sie anscheinend schon immer tun wollten: die Ka‘ba abreißen. 

Was ist das mit den Beinen? Ḏū as-Suwaiqatain bedeutet wörtlich „der mit kleinen Unterschenkel/Beinen“. Eine Anzahl Araber, denen ich das Wort vorgelegt habe, deutete es spontan wie ich selbst: „kurze Beinchen“. Der Kommentator an-Nawawī (1234–77) ist aber der Auffassung, dass dünne Beine gemeint sind. Er fügt hinzu: „Von den Schwarzen ist bekannt, dass sie dünne Beine haben.“ Dem kann man beipflichten, insoweit es die Ureinwohner Nordostafrikas betrifft, die tatsächlich oft von schlanker und ranker Gestalt sind. Und die alte arabische Poesie beweist, dass er Recht hat.

Einige Klarheit über diese merkwürdige Gestalt gab mir nämlich die Lektüre von Manfred →Ullmann, Der Neger. Ullmann hat Hunderte alte arabische Verse gesammelt, in denen ein Ding, Tier oder Mensch mit einem Äthiopier oder einem anderem schwarzem Menschen verglichen wird. In etwa zwanzig Gedichtfragmenten wird ein Vogel Strauß mit einem Äthiopier oder einem Inder verglichen (S. 30–44). Die gemeinsame Eigenschaft, auf der das Vergleichen beruht, ist meistens das Schwarz der Haut und der Flügel und Deckfedern, aber es können auch die ranken Beine sein.
Ullmann zitiert S. 30 zum Beispiel ein Fragment des vorislamischen Dichters Ṣalā’a ibn ‘Amr, auch genannt al-Afwah al-Audī (gest. 570?). In seiner Übersetzung lautet es:

  • Ein [Straußenhahn] mit rotgefärbten Beinen […] Er gleicht einem schwarzen Abessinier mit dünnen Schenkeln, dem schwarze, unverständlich plappernde [Kinder] folgen, die Ringe in den Ohren haben.6

Nach der Lektüre dieses Verses wird der Hadith von Hudaifa verständlicher: Der Erzähler wollte wohl einen Äthiopier beschreiben, aber dann kam ihm der aus der Poesie bekannte Vergleich mit dem Strauß in den Sinn, schwarz und mit roten Beinen, der mit ihm durchging: Sowohl Strauße als auch Äthiopier sind ja für ihre dünnen Beine bekannt. Und während der Balz werden die Beine mancher Straußenarten tatsächlich rot! Der „dicke Bauch“ ähnelt natürlich dem dicken, dunklen Straußkörper, der mit seinen dünnen Beinen kontrastiert. Im Hadith wird nicht der Vogel Strauß mit einem Äthiopier verglichen, wie in der Poesie, sondern umgekehrt.

Auch zu seinen blauen Augen gibt es einiges zu sagen. Das hier oben ist einfach eine falsche, oberflächliche Übersetzung von mir, die sicherlich auch viele Kollegen machen würden. Azraq bedeutet heutzutage zwar ‘blau’, aber bei Farben in alten Texten empfiehlt es sich, in Wolfdietrich →Fischers Studie zu den altarabischen Farbbezeichnungen einzutauchen. Ullmann und Fischer haben beide monumentale Beiträge zur Kenntnis des alten Arabisch geleistet, die leider von modernen Arabisten zu wenig konsultiert werden. Zu azraq bietet Fischer nicht weniger als acht Seiten (S. 47–55). Daraus wird bald ersichtlich, dass die Augen des Ka‘ba-Zerstörers ganz und gar nicht blau sind. Im alten Arabisch bedeutete azraq etwas wie „schillernd, glitzernd, changeant“; man denke an die schillernden oder flackernden Augen eines Raubtiers. Und diese furchterregende Augen hat der Erzähler wohl von der anderen Endzeitfigur, dem Antichrist (daǧǧāl) geborgt, der genau solche hat.  

Im ersten zitierten Hadith ist Ḏū as-Suwaiqatain „glatzköpfig, krummbeinig“. Damit weiß ich nicht viel anzufangen. Vielleicht will damit nur gesagt sein, dass er äußerst hässlich ist?

Die Ka‘ba wird also zerstört, aber es kommt noch schlimmer: Auch den Koran wird es in der Endzeit nicht mehr geben, nach einem Hadith, der von ad-Darimi (797–869) überliefert wird:

  • Von Abdallah ibn Mas‘ud: „Rezitiert den Koran oft, bevor er weggenommen wird.“ Es wurde gesagt: „Diese Bücher werden also weggenommen werden! Aber was is mit dem, was in den Herzen der Menschen [auswendig gelernt] ist?“ Er antwortete: „Eines Nachts wird etwas kommen und es wegnehmen und am Morgen werden sie ohne es aufwachen. Sie werden sogar den Satz: ‘Es gibt keinen Gott außer Allah’ vergessen und sie werden anfangen, die Sprüche und Dichtung der Heidenzeit zu rezitieren. Das ist, wenn das Urteil über sie ergeht (Koran 27:82).“7

Warum wurden solche Texte erzählt? Um die Gläubigen erschaudern zu lassen und sie zu ermutigen, auf das Jüngste Gericht vorbereitet zu sein, indem sie ihren Glaube pflegen: zu pilgern und den Koran zu rezitieren so lange es noch geht. Das Urteil steht ja bevor! So man will, kann man auch Trost daraus schöpfen. Wie schlimm die Zeiten auch sein mögen, noch sind die Ka‘ba und den Koran vorhanden.

BIBLIOGRAPHIE
– Wolfdietrich Fischer, Farb- und Formbezeichnungen in der Sprache der altarabischen Dichtung. Untersuchungen zur Wortbedeutung und zur Wortbildung, Wiesbaden 1965.
– Manfred Ullmann, Der Neger in der Bildersprache der arabischen Dichter, Wiesbaden 1998.

ANMERKUNGEN
1. Er stammt aus der Bibel, Matthäus 24:24. In der syrischen Übersetzung: mesīḥē daggālē, „falsche Messiasse“. Auch im Arabischen kommt die Wortkombination al-masīḥ ad-daǧǧāl häufig vor. Zu unterscheiden sind: der „normale“ daǧǧāl, der auf einer Insel im Westen festgebundene daǧǧāl, und Ibn Ṣayyād. Zum Letzteren s. Wim Raven, „Ibn Ṣayyād as an Islamic ‘Antichrist’. A reappraisal of the texts,“ in Wolfram Brandes und Felicitas Schmieder (hrsg.), Endzeiten. Eschatologie in den monotheistischen Weltreligionen, Berlin 2008, S. 261–291; hier herunterzuladen. Zu anderen daǧǧāl-Varianten s. David Cook, Studies in Muslim Apocalyptic, Princeton (NJ) 2002.
2. Textvariante: „ihrem Schatz (kanz)“. Was hierunter zu verstehen ist, ist fraglich. In unserer Zeit ist die Ka‘ba leer.
3. Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad ii, 220:

حدثنا عبد الله حدثني أبي ثنا أحمد بن عبد الملك وهو الحراني ثنا محمد بن سلمة عم محمد بن إسحق عن ابن أبي نجيح عن مجاهد عن عبد الله بن عمر، وقال سمعت رسول الله ص يقول: يخرب الكعبة ذو السويقتين من الحبشة ويسلبها حليتها، ويجرّدها من كسوتها، ولكأني أنظر إليه أصيلع أفيدع يضرب عليها بمسحاته ومعوله.

4. Al-Qasṭallānī, Irshād al-Sarī fī Sharḥ al-Bukhārī, dl. iii, Bulaaq 1304, p. 161::

كما ورد في حديث حذيفة مرفوعًا، كأني أنظر الى حبشي أحمر الساقين أزرق العينين أفطس الأنف كبير البطن وقد صف قدميه على الكعبة هو وأصحاب له ينقضونه حجرًا حجرًا يتداولونها حتى يطرحرها في البحر.

5. Wim Raven, „Some early Islamic texts on the negus of Abyssinia,“ JSS 33 (1988), 197–218, insbes. S. 216–18; hier herunterzuladen.

6. خَاضِبٌ … كَالأسْوَدِ الحَبَشِيِّ الحَمْشِ يَتْبَعَهُ سُودٌ طَمَاطِمُ فِي آذَانِهَا

7. Al-Dārimī, Sunan, Faḍā’il al-Qur‘ān 4:

عَبْدِ اللَّهِ بن مسعود قَالَ : ” أَكْثِرُوا تِلاوَةَ الْقُرْآنِ قَبْلَ أَنْ يُرْفَعَ ” قَالُوا : هَذِهِ الْمَصَاحِفُ تُرْفَعُ ! فَكَيْفَ بِمَا فِي صُدُورِ الرِّجَالِ ؟ قَالَ : ” يُسْرَى عَلَيْهِ لَيْلا فَيُصْبِحُونَ مِنْهُ فُقَرَاءَ ، وَيَنْسَوْنَ قَوْلَ لا إِلَهَ إِلا اللَّهُ“، وَيَقَعُونَ فِي قَوْلِ الْجَاهِلِيَّةِ وَأَشْعَارِهِمْ ، وَذَلِكَ حِينَ يَقَعُ عَلَيْهِمْ الْقَوْلُ

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Der Antichrist auf der Insel (übersetzter Hadith)

[…] von Fātima bint Qais, Schwester von ad-Dahhāk ibn Qais, eine Frau, die zu den ersten Emigranten (muhādjirūn) gehörte: […] Ich hörte den Rufer des Propheten ausrufen, dass es Zeit sei für das gemeinsame Gebet. Also ging ich zur Moschee und verrichtete das Gebet mit dem Propheten, in der ersten Frauenreihe hinter den Männern. Als der Prophet sein Gebet beendet hatte, setzte er sich lachend auf die Kanzel und sagte: Jeder soll noch an seinem Platz sitzen bleiben! Darauf sagte er:
– Wisst ihr, weshalb ich euch hier zusammen behalten wollte?
– Das wissen Gott und sein Gesandter am besten, sagten sie.
– Ich habe euch nicht hier behalten, sagte er, um euch zu ermahnen oder zu erschrecken, sondern weil Tamīm ad-Dārī, ein Christ, der Muslim geworden ist, mir etwas erzählt hat, das mit dem, was ich euch über den masīh ad-dadjdjāl1 erzählt habe, übereinstimmt.

Er erzählte, dass er sich mit dreißig Männern aus den Banū Lakhm und den Banū Djudhām eingeschifft hatte und sie einen Monat lang auf See ein Spielball der Wellen waren. Dann waren sie bei einer Insel in derjenigen Richtung, in der die Sonne untergeht, vor Anker gegangen, und sie waren mittels eines Beiboots an Land der Insel gekommen. Dort trafen sie ein haariges Tier, so dicht behaart, dass sie die Vorderseite nicht von der Hinterseite unterscheiden konnten.
– Wehe Dir, was bist du für eins? fragten wir.
– Ich bin die Dschassasa (djassāsa), antwortete das Tier, worauf wir fragten, was dies sei.
– Menschen, sagte das Tier, ihr sollt zu dem Mann im Kloster gehen, denn der sehnt sich danach, bestimmte Berichte von euch zu hören.
Als es einen von uns beim Namen nannte, bekamen wir Angst, dass es eine Teufelin sei. Wir eilten zu dem Kloster und fanden darin den gewaltigsten Mann, den wir je gesehen hatten, die Hände in seinem Nacken gefesselt und mit eisernen Fesseln zwischen seinen Unterschenkeln bis zu seinen Fußgelenken.
– Wehe dir, wer bist du?
– Von mir hättet ihr früh genug gehört, aber erzählt mal, wer seid ihr?
– Wir sind Araber, wir waren an Bord eines Schiffes gegangen, aber wir gerieten in ein stark tosendes Meer und blieben einen Monat lang Spielball der Wellen. Darauf gingen wir bei deiner Insel vor Anker; wir gingen in das Beiboot und gingen an Land der Insel, auf der wir ein haariges Tier trafen, so dicht behaart, dass die Vorderseite nicht von der Hinterseite zu unterscheiden war.
– Wehe Dir, was bist du für eins? fragten wir.
– Ich bin die Dschassasa, antwortete das Tier, worauf wir fragten, was dies sei.
– Ihr sollt zu dem Mann im Kloster gehen, sagte es, denn der sehnt sich sehr danach, bestimmte Berichte von euch zu hören. Wir eilten also zu dir, denn wir hatten Angst vor dem Tier und waren nicht sicher, dass es keine Teufelin sei.
[Der gefesselte Mann] sagte:
– Erzählt mir von den Dattelpalmen in Baisān.
– Was willst du genau wissen?
– Ich frage auch, ob die Bäume Frucht tragen oder nicht.
– Ja, sagten wir. Darauf fragte er:
– Ich denke, sie werden demnächst keine Früchte mehr tragen. Darauf sagt er:
– Erzählt mir von dem See von Tiberias.
– Was willst du genau wissen?
– Ist Wasser darin?
– Es steht ganz viel Wasser darin. Darauf sagte er:
– Bald wird er trockenfallen. Darauf sagte er:
– Erzählt mir von der Quelle Zughar.
– Was willst du genau wissen?
– Ist Wasser darin, mit dem die Bewohner ihr Land bewässern?
– Ja, sagten wir, es steht viel Wasser darin, und die Bewohner bewässern damit ihr Land. Darauf sagte er:
– Erzählt mir von dem Propheten der Heiden;2 was hat er getan?
– Er hat Mekka verlassen und sich in Yathrib [= Medina] niedergelassen.
– Haben die Araber ihn bekämpft?
– Ja.
– Was hat er mit ihnen gemacht?
Darauf erzählten wir ihm, dass er die angrenzenden Araber besiegt hatte und sie ihm gehorchten.
– Ist das wirklich [schon] geschehen?
– Ja.
– Es ist besser für sie, ihm zu gehorchen. Jetzt werde ich etwas über mich selbst erzählen. Ich bin der Messias (masīh);1 mir wird alsbald erlaubt, auszubrechen und durch das Land zu reisen. Es wird keine Stadt geben, in der ich nicht vierzig Tage verweile, außer Mekka und Taiba, denn diese beiden sind mir verboten. Jedes Mal wenn ich in eine der beiden hineingehen will, kommt ein Engel mir mit gezogenem Schwert entgegen und versperrt mir den Weg; auch jeder andere Durchgang wird von Engeln überwacht.

Darauf sagte der Prophet, während er mit seinem Stab auf die Kanzel schlug: Es ist Taiba, es ist Taiba, es ist Taiba—das heißt Medina—hatte ich es euch nicht erzählt?
– Ja, sagten die Menschen.
– Mir gefällt Tamīms Erzählung, fuhr der Prophet fort, weil sie mit dem übereinstimmt, was ich euch über [den dadjdjāl] und über Mekka und Medina erzählt habe. Schau, er ist im Syrischen Meer (oder: im Jemenitischen Meer.3) Aber nein, doch nicht: er ist im Osten, im Osten, im Osten! und er machte eine Gebärde in Richtung des Ostens.

[Fātima bint Qais] sagte: Diese [Erzählung] des Propheten habe ich mir eingeprägt.4

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So weit die Übersetzung dieser merkwürdigen Geschichte. Ich habe ein großes Stück des Anfangs weggelassen, in dem die Überlieferin Fāṭima bint Qais von ihren persönlichen Angelegenheiten spricht. In diesem Augenblick kann ich nicht überschauen, inwieweit dies Einfluss auf die Interpretation hätte. Es gibt auch Textvarianten, die gleich zur Sache kommen.
Die Stämme Lakhm und Djudhām sind christlich; auch der Erzähler Tamīm war Laḫmit und bis vor kurzem noch Christ; überdies ist von einem Kloster die Rede. Aber eine Verwandtschaft mit welcher christlichen Erzählung auch immer ist noch nicht entdeckt worden. Die Frage, was die Dschassasa sei, bleibt in der Erzählung betont unbeantwortet. Eine Antwort habe auch ich nicht gefunden; auch ein Blick ins syrische Wörterbuch hat nichts gebracht. Natürlich kann man an das apokalyptische Tier denken, das nach christlicher Überlieferung aus dem Meer,5 nach islamischer Überlieferung aus der Erde steigt.6 Das gilt aber nicht als sonderlich behaart.
Die Seefahrer wollen den dadjdjāl, kurz nachdem der Prophet sich in Medina etabliert hatte, getroffen haben. Demnächst wird er entfesselt und auf die Welt losgelassen werden. Die Erscheinung des dadjdjāls steht also bevor; christliche Theologen sprechen in solch einem Fall von „Näheerwartung“. Das Ende der Zeiten wird nicht irgendwann in unabsehbarer Zukunft erwartet, sondern jetzt, bald.
David Cook weist darauf hin, dass die Orte, nach denen der dadjdjāl sich erkundigt (Baisān, Tiberias und Zughar), alle in Nordpalästina bzw. Südsyrien liegen, und dass die Fragen auf die vorhandenen Wassermengen Bezug nehmen. Cook vermutet deshalb, dass die Erzählung in jenem Gebiet entstanden sein kann nach einer Periode katastrophaler Trockenheit, wie es z.B. im Jahr 747 eine gab. Dass bei der Entstehung der Erzählung die vorhergesagte—oder irgendeine andere—Trockenperiode bereits vorbei war, hat man nicht als störend empfunden. Apokalyptische Weissagungen sind ja immer wiederverwertbar. Sie werden dies bald beobachten können, bei den Menschen, die auf Grund des Mayakalenders glauben, dass am 21. Dezember die Welt untergehen wird. Wenn die Welt dann doch nicht untergeht, wird man eine Woche später für denselben Weltuntergang ein neues Datum „finden“. Richtige Apokalyptiker lassen sich nicht aufhalten.

ANMERKUNGEN
1. Das Wort daǧǧāl stammt aus der syrischen Übersetzung der Bibel, Matthäus 24:24: mesīḥē daggālē, „falsche Messiasse“. Auch im Arabischen kommt die Wortkombination al-masīḥ ad-dadjdjāl häufig vor.
Zu unterscheiden sind: der „klassische“ daǧǧāl; der auf einer Insel im Westen festgebundene daǧǧāl; und Ibn Ṣayyād.
Zu allen drei daǧǧāl-Varianten s. David Cook, Studies in Muslim Apocalyptic, Princeton (NJ) 2002. Zum daǧǧāl auf der Insel s. dort S. 117–120. Zu Ibn Ṣayyād s. auch Wim Raven, „Ibn Ṣayyād as an Islamic ‘Antichrist’. A reappraisal of the texts,“ in Wolfram Brandes und Felicitas Schmieder (hrsg.), Endzeiten. Eschatologie in den monotheistischen Weltreligionen, Berlin 2008, S. 261–291; hier herunterzuladen.
2. Araber und Traditionelle Muslime werden nabī al-ummīyīn vielleicht als „der Prophet der Analphabeten“ übersetzen wollen, aber das bedeutet nicht viel. Hier ist ummī vielleicht noch ἐθνικός, gentilis, nicht-jüdisch; also: „der Prophet der Heiden,“ so wie Paulus der Apostel der Heiden war.
3. Das Mittelmeer bzw. das Rote Meer.
4. Muslim, Ṣaḥīḥ, Fitan 119 (2942):

حدثنا عبد الوارث بن عبد الصمد بن عبد الوارث وحجاج بن الشاعر كلاهما عن عبد الصمد (واللفظ لعبد الوارث بن عبد الصمد) حدثنا أبي عن جدي عن الحسين بن ذكوان حدثنا ابن بريدة حدثني عامر بن شراحيل الشعبي شعب همدان أنه سأل فاطمة بنت قيس أخت الضحاك بن قيس وكانت من المهاجرات الأول […] سمعت نداء المنادي منادي رسول الله ص ينادي الصلاة جامعة. فخرجت إلى المسجد فصليت مع رسول الله ص فكنت في صف النساء التي تلي ظهور القوم. فلما قضى رسول الله ص صلاته جلس على المنبر وهو يضحك فقال ليلزم كل إنسان مصلاه. ثم قال أتدرون لم جمعتكم قالوا الله ورسوله أعلم قال إني والله ما جمعتكم لرغبة ولا لرهبة ولكن جمعتكم لأن تميما الداري كان رجلا نصرانيا فجاء فبايع وأسلم وحدثني حديثا وافق الذي كنت أحدثكم عن مسيح الدجال حدثني أنه ركب في سفينة بحرية مع ثلاثين رجلا من لخم وجذام فلعب بهم الموج شهرا في البحر. ثم أرفئوا إلى جزيرة في البحر حتى مغرب الشمس فجلسوا في أقرب السفينة فدخلوا الجزيرة فلقيتهم دابة أهلب كثير الشعر لا يدرون ما قبله من دبره من كثرة الشعر. فقالوا ويلك ما أنت فقالت أنا الجساسة قالوا وما الجساسة قالت: ”أيها القوم انطلقوا إلى هذا الرجل في الدير فإنه إلى خبركم بالأشواق. قال لما سمت لنا رجلا فرقنا منها أن تكون شيطانة. قال فانطلقنا سراعا حتى دخلنا الدير فإذا فيه أعظم إنسان رأيناه قط خلقا وأشده وثاقا مجموعة يداه إلى عنقه ما بين ركبتيه إلى كعبيه بالحديد. قلنا ويلك ما أنت قال قد قدرتم على خبري فأخبروني ما أنتم قالوا نحن أناس من العرب ركبنا في سفينة بحرية فصادفنا البحر حين اغتلم فلعب بنا الموج شهرا ثم أرفأنا إلى جزيرتك هذه فجلسنا في أقربها فدخلنا الجزيرة فلقيتنا دابة أهلب كثير الشعر لا يدرى ما قبله من دبره من كثرة الشعر فقلنا ويلك ما أنت. فقالت أنا الجساسة قلنا وما الجساسة قالت اعمدوا إلى هذا الرجل في الدير فإنه إلى خبركم بالأشواق فأقبلنا إليك سراعا وفزعنا منها ولم نأمن أن تكون شيطانة. فقال أخبِروني عن نخل بيسان. قلنا عن أي شأنها تستخبر قال أسألكم عن نخلها هل يثمر؟ قلنا له: نعم قال أما إنه يوشك أن لا تثمر. قال: أخبِروني عن بحيرة الطبرية. قلنا عن أي شأنها تستخبر قال هل فيها ماء؟ قالوا هي كثيرة الماء قال أما إن ماءها يوشك أن يذهب. قال أخبروني عن عين زُغَرَ. قالوا عن أي شأنها تستخبر؟ قال هل في العين ماء وهل يزرع أهلها بماء العين؟ قلنا له: نعم هي كثيرة الماء وأهلها يزرعون من مائها قال أخبروني عن نبي الأميين ما فعل قالوا قد خرج من مكة ونزل يثرب قال: أَقاتله العرب؟ قلنا: نعم. قال كيف صنع بهم فأخبرناه أنه قد ظهر على من يليه من العرب وأطاعوه قال لهم قد كان ذلك قلنا نعم قال أما إن ذاك خير لهم أن يطيعوه وإني مخبركم عني إني أنا المسيح وإني أوشك أن يؤذن لي في الخروج فأخرج فأسير في الأرض فلا أدع قرية إلا هبطتها في أربعين ليلة غير مكة وطيبة فهما محرمتان علي كلتاهما كلما أردت أن أدخل واحدة أو واحدا منهما استقبلني ملك بيده السيف صلتا يصدني عنها وإن على كل نقب منها ملائكة يحرسونها قالت قال رسول الله ص وطعن بمخصرته في المنبر هذه طيبة هذه طيبة هذه طيبة يعني المدينة ألا هل كنت حدثتكم ذلك. فقال الناس: نعم. فإنه أعجبني حديث تميم أنه وافق الذي كنت أُحدّثكم عنه وعن المدينة ومكة أَلاَ إنه في بحر الشأم أو بحر اليمن، لا بل من قِبل المشرق، ما هو من قبل المشرق ما هو من قبل المشرق ما هو وأومأ بيده إلى المشرق.
قالت: فحفِظت هذا من رسول الله ص.

Ein etwas abweichender Text ist Aḥmad ibn Ḥanbal, Musnad vi, 373@, und es gibt noch andere Parallelstellen.
5. Bibel, Offenbarung 13:1.
6. Koran 27:82 دابة من الأرض .

Diakritische Zeichen: Fāṭima bint Qays, aḍ-Ḍaḥḥāk ibn Qays, muhāǧirūn, masīḥ ad-daǧǧāl, Banū Laḫm, Banū Ǧuḏām, ǧassāsa, Zuġar, Yathrib, Ṭaiba Tamim ad Dari  Dajjal Dadschschal Dadjdjal   Deccal  Daggal   Masih ad Daggal

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