Grammatikunterricht Arabisch

Braucht jemand, der Arabisch lernen will, Kenntnis und Verständnis der Grammatik? Als langjähriger Sprachdozent sage ich natürlich: Ja! Es gibt Studierende, die Arabisch ohne Grammatik  lernen wollen, und sogar Unis, die sie darin ermutigen. Na, dann gnade ihnen Gott.

Grammatikunterricht auf Deutsch oder auf Arabisch? Wer Romanistik oder Anglistik studiert, lernt Grammatik auf Französisch, Spanisch, Englisch usw. Bei Arabisch ist das weniger selbstverständlich. Meistens wird die Grammatik auf Deutsch und mit Bezug auf das Deutsche unterrichtet. Auch ich habe immer gemeint Studenten das Arabische näher bringen zu können, indem ich bei deren Kenntnis der deutschen Grammatik anknüpfe. Allerdings wird das immer weniger sinnvoll, weil sie davon oft nicht mehr viel mitbringen.

Ein anderer Grund die Grammatik auf Deutsch zu unterrichten ist, dass die Araber sich eines ganz anderen Systems bedienen, das das Leben der Anfänger noch erschweren würde. Überdies ist in der Sprachbeschreibung der Araber seit einem halben Jahrtausend nichts Neues mehr geschehen und man fällt immer wieder in die veralteten, zum Teil hirnrissigen Termini und Floskeln zurück. Eine moderne Sprachbeschreibung soll her, und die ist nun mal eher in Europa als im Nahen Osten zu Hause.

  • Eine berüchtigte Unsinnigkeit des arabischen Systems ist das Phänomen manṣūb. Dieser Terminus bedeutet sowohl „Akkusativ“ als auch „Konjunktiv“, und zwar weil diese im Arabischen beide oft (aber längst nicht immer) auf a enden. Aber Akkusativ und Konjunktiv haben, milde ausgedrückt, wenig miteinander zu tun. Ich freue mich immer, wenn Studierende Verbalformen und Substantiven voneinander zu unterscheiden wissen, und dann kommt so ein Begriff wie manṣūb, der es wieder erschwert.

Natürlich sollen Fortgeschrittene wissen, wie alles auf Arabisch heißt, und sich in beiden Systemen bewegen können. Aber auch dann: die Grammatik gleich auf Arabisch zu lernen ist für angehende Arabisten einfach zu schwierig. Darum bleibe ich der Meinung, dass man auf jeden Fall auf Deutsch anfangen sollte.

Ich zögere noch, ob ich die Blätter, die ich immer im Unterricht benutzte, hier ins Netz stellen werde. Sprachwissenschaftlich bin ich nur mäßig ausgebildet; ich betrachte meine Blätter nicht als professionell und unterrichtete nur Syntax, weil sich dies so ergab und ein Arabist der alten Schule nun mal „alles“ können musste. Andererseits wäre es möglich, dass Ähnliches sonst nirgendwo im Netz zu finden ist.

Auf Dauer werde ich hier vielleicht doch einige Kapitel hinstellen, ohne den Anspruch auf deren Vollständigkeit zu erheben:
Der Arabische Satz: Nominalsatz (2 Typen), Verbalsatz (3 Typen),  (Kopulativsatz).
Nominalphrase
Verbalphrase
Adverbiale Nebensätze; Konjunktionen
——————–
Tips und Tricks für Leser und Übersetzer:
Wortarten
Wortmuster (Morphemtypen)
Multifunktionale Kleinwörtchen: wa, fa und fa’inna, ḥattā, ḥaithu, li, la,   u.a.

Arabisch lernen
• Lehrbücher: Modernes Hocharabisch, Klassisch-Arabisch, Dialekte
• Grammatiken: Modernes Hocharabisch, Klassisch-Arabisch, Dialekte
• Wörterbücher: Modernes Hocharabisch, Klassisch-Arabisch, Dialekte

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Lehrbücher arabischer Dialekte

Für die gesprochenen (also nicht geschriebenen) arabischen Sprachen kenne ich nur zwei gute Lehrbücher.

    • Manfred Woidich, Ahlan wa Sahlan. Eine Einführung in die Kairoer Umgangssprache, Wiesbaden (Reichert), 2. Aufl. 2002.

oder dasselbe auf Englisch:

  • Manfred Woidich and Rabha Heinen-Nasr, Kullu Tamām. An Introduction to Egyptian Colloquial Arabic, Cairo (American University Press) 2004. (Mit CD-ROM)

Besorgniserregend ist, dass dieses gute, aber ungefähr zwanzig Jahre alte Buch anfängt zu veralten. Der Autor kann nichts dafür; es liegt am Ägyptischen, das sich schnell entwickelt. Kaum jemand sagt zum Beispiel noch حيكتب; normal ist heutzutage هيكتب. Trotzdem würde ich das Buch noch benutzen. Die an der American University in Cairo entwickelte Alternative finde ich weniger gut; auch weil dort alles in arabischer Schrift geschrieben wird; eine Schrift, die für die Dialekte nicht so gut geeignet ist.
Wenn Sie aus Brustad, Al Kitaab ohnehin Arabisch lernen, könnten Sie auch mal das dortige ägyptische Audiomaterial anhören. Und wenn Sie das neue Leipziger Lehrwerk benutzen haben Sie gleich die Wahl aus vier Dialekten: ET, SYR, IRQ, MA. Aber diese Werke sind keine Dialektlehrbücher.

Für das Syrisch-Arabische gibt es ein hervorragendes Lehrbuch mit Audiomaterial:

  • Mary-Jane Liddicoat, Richard Lennane and Dr Iman Abdul Rahim, Syrian Colloquial Arabic, a Functional Course (third edition) ISBN 978-0-646-49382-4.

Es ist tatsächlich ein Buch, wie aus der ISB-Nummer hervorgeht, aber man kann es aus dem Internet herunterladen. Nicht kostenlos, aber für einen freundlichen Preis. Sie bekommen sehr viele mp3-Dateien dazu. Das Werk ist auch für die gesprochene Sprache vom Libanon, von Jordanien und Palästina einsetzbar.

Wahrscheinlich gibt es auch gute Lehrbücher zu anderen arabischen Dialekten, aber die habe ich nie benutzt, und ich möchte hier nur Bücher erwähnen, die ich selbst kenne.

Selbststudium? Nur für stark motivierte, disziplinierte Menschen mit Sprachbegabung und -erfahrung geeignet. Syrisch ist für Deutsche leichter zu erlernen als Ägyptisch. Ein Mitbewohner als Informant kann hilfreich sein, aber der muss dann auch als solcher behandelt werden – und nicht als Autorität. Die meisten Menschen reden nämlich Unsinn, sobald sie über ihre Muttersprache reden. Aber er/sie hat natürlich schon den richtigen sound und den Wortschatz der Sprache, die Sie lernen möchten. Skrupellos ausbeuten also, die Informanten, und nicht auf ihre Theorie achten. Zur Grammatik hat das Lehrbuch Recht und nicht der Partner. Hoffentlich hält Ihre Beziehung das aus.

Siehe weiter hier:   Arabisch lernen

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Arabisch lernen

Modernes Hocharabisch (MHA; eine Schriftsprache!) lernen Sie an einer Universität. Das ist nicht die ideale Umgebung dazu, aber kostenlos und immer noch besser als kommerzielle Sprachschulen oder Volkshochschulen. Eine hochwertige Alternative ist das Landesspracheninstitut Bochum. Selbstverständlich können Sie es auch an einem Sprachinstitut in einem arabischen Land versuchen. Das ILI in Sahafiyeen, Kairo, war immer ausgezeichnet; hoffentlich hat es seinen guten Standard nach Frühling und Restauration bewahrt. Auch in Beirut wird man natürlich fündig; meist läuft das über das Orient-Institut vor Ort. In Syrien geht es nicht mehr.

Sie brauchen zwei Jahre und viel Zeit und Geld. Kürzere oder billige Kurse führen nicht zum Ziel, auch nicht, wenn sie in einer malerischen Umgebung oder an einem Strand abgehalten werden.
Arabisch gilt als eine schwierige Sprache und das ist sie auch. Einer der Gründe ist, dass das MHA eine Schriftsprache ist, die nicht gesprochen wird. Die akustische Unterstützung, die man normalerweise in Gesprächen und im tagtäglichen Hören erhält, fällt aus.

Warum will jemand Arabisch lernen? Die meisten Menschen, die das wollen, haben einen arabischsprachigen Partner oder sind Muslim oder auf dem Weg zum Islam. Ihnen gelingt es meistens nicht, habe ich bemerkt. Solche Triebfedern sind offenbar nicht die besten, um die Sprache zu lernen. Interesse an Sprache und Kultur sind das schon, und Erfahrung mit anderen „exotischen,“ d.h. nicht nahe mit dem Deutschen verwandten Sprachen (Altgriechisch, Russisch, Hebräisch) erleichtert die Sache. An meiner Universität gibt es Studiengänge der Arabistik und Islamwissenschaft. Die Erfahrung lehrt, dass fast nur diejenigen mit Schwerpunkt Arabistik die Sprache richtig erlernen. Ich hatte immer gedacht, dass diejenigen, die am Islam interessiert sind, gerne den Koran und noch andere alte islamische Texte im Original lesen möchten, aber dies ist lange nicht immer der Fall. Sie wollen es nicht und können es also auch nicht; von Ausnahmen natürlich abgesehen. Die christlichen Theologen konnten von alters her von den Bibelsprachen Hebräisch und Altgriechisch auch nur wenig, und jetzt wahrscheinlich gar nichts mehr. Heilige Schriften müssen vielleicht nicht unbedingt verstanden werden.

Nehmen wir an, Sie seien gut motiviert und willensstark, und Sie wollen ernsthaft Arabisch lernen. Müssen Sie dann erst die Schriftsprache lernen, obwohl Sie vielleicht nur, oder an erster Stelle, sprechen möchten? MHA wird zwar in allen arabischen Ländern geschrieben, aber nirgendwo gesprochen, außer in künstlichen Situationen: in Ansprachen und Predigten, im Fernsehen und bei formellen Gelegenheiten. Die europäischen Universitäten unterrichten fast alle erst MHA und bieten vielleicht später, z.B. im 5. Semester, noch mal einen kleinen Kurs in Ägyptisch-, Syrisch- oder Marokkanisch-Arabisch an, in der Hoffnung, dass die Studenten den Dialekt des gewählten Landes „von selbst“ weiter aufschnappen. Eine andere Möglichkeit gesprochenes Arabisch zu erlernen ohne MHA und ohne Uni ist einem Kurs in einem arabischen Land zu folgen. Solche Dialektkurse gibt es selten, aber es gibt sie: beim bereits erwähnten ILI in Kairo und in Marokko. In Syrien gab es sie auch. Syrien, Libanon, Jordanien und Palästina gehören zu einer Dialektgruppe, aber sonst sind die Unterschiede zwischen den Dialekten groß. Natürlich soll man sich immer für den Dialekt der Gegend entscheiden, mit der man zu tun hat oder bekommt. Für den Nahen Osten macht Marokkanisch-Arabisch keinen Sinn.

In der alten Zeit, die noch sehr lange angedauert hat, ging Arabisch lernen an der Uni ungefähr so: Im ersten Jahr wurde man von einem Dozenten, der meist nicht sehr pädagogisch veranlagt war, durch „die ganze Grammatik“ des MHA gejagt. Fünf Wörter hintereinander zu sagen war schon ein Problem — ich meine das rein Akrobatische daran. Im zweiten Jahr fing man an stolpernd irgendwelche einfachen Texte zu lesen, im dritten Jahr etwas mehr. Dies alles in der Hoffnung, dass man sich beim Lesen die relevanten Teile der Grammatik rechtzeitig erinnern würde; und wenn nicht, so musste man diese nachschlagen. Vokabeln lernte man auch nicht; dafür gab es ja Wörterbücher. Das richtige Sprachverständnis kam oft erst nach vier oder fünf Jahren, und dann auch nur, wenn man lange in einem arabischen Land wohnte. Der Student bekam den Eindruck, diese Sprache würde er nie lernen, und so war es oft auch. Viele flüchteten in Türkisch oder Persisch; wer mit Arabisch weiter machte, musste schon etwas masochistisch veranlagt sein.

Dies hat sich jetzt geändert. Einige Universitäten haben die neuen Lehrbücher von Kirsten Brustad et al. in Gebrauch genommen, mit sehr vielem audiovisuellem Material. „Die ganze Grammatik“ in einem Jahr zu erlernen, geht jetzt längst nicht mehr. Nach zwei Jahren sitzt sie einigermaßen. Lesen also erst im dritten Jahr; das finde ich sehr spät, nachdem jetzt die Regelstudienzeit auch noch drastisch verkürzt ist. Aber schau an: was die Studenten gelernt haben, kennen sie wenigstens wirklich. Das Bluffen und Tun als ob ist vorbei. Langsam, aber ohne Frust kommen sie vorwärts. Im dritten Jahr können sie etwas lesen: einige Kurzgeschichten, einen halben Roman vielleicht, ein Paar Zeitungen, etwas aus dem Internet.

Übrigens: So schwierig es für einen Deutschen ist Arabisch zu lernen, so schwierig ist es auch für einen Araber Deutsch zu lernen. Bei Debatten über Einbürgerung sollte man dies berücksichtigen. Ein kleiner Kurs reicht nicht aus.

Siehe weiter hier:   Grammatikunterricht

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