Die Arabisierung der christlichen Bibel

In Kinderbibeln und Bibelfilmen aus Hollywood tragen die Palästinenser aus Jesu Zeit oft Kleidung, die arabisch anmutet. Die Arabisierung der Bibel war ein Prozess, der Jahrhunderte gedauert hat. Auf älteren Gemälden tragen die biblischen Gestalten noch europäische Kleidung. Rembrandt hatte bereits eine Truhe türkischer Kleider zur Hand, um z.B. seinen Abraham orientalisch zu kleiden (1). Isaaks Diener von Benjamin West (2) ist überzeugend wie ein Türke gekleidet. Selbstverständlich ritt er ein Kamel (2, 3).
Natürlich war man sich bewusst, dass die biblischen Erzählungen sich in Palästina, Ägypten, Babylonien und Persien, also im sogenannten Orient abgespielt hatten, wenn auch nicht alle Typen orientalischer Fantasie brauchbar waren. Das biblische Ambiente wird nie so „orientalisch“ wie die wirkliche arabische Welt. Der Orient war wohl zu frivol für christliche Zwecke: Die Pracht und die Sinnlichkeit des vorgestellten Orients wurden ausgelassen. Im 19. Jahrhundert, als die bis heute bildbestimmenden Illustrationen zu der Bibel entstanden, hat man auf die Kleidung geschaut, die palästinensische Bauer und Fischer damals trugen, und diese nach freier Fantasie umgemodelt (4). Überwiegend nüchterne, bescheidene Kleidung ist es geworden. Typisch arabische Kopfbedeckungen werden angewandt; bei Jesus selbst eher nicht, weil die sein charismatisch wallendes Haar verhüllen würden (5, 6). In der neutestamentarischen Umgebung sehen wir einen matten Orient: billige Gewänder und brave Gesichter; keine noblen Wilden oder stolzen Kämpfer; vielmehr rau
beinige, aber aufmerksam zuhörende Bauerntypen. Nur bei den Drei Königen (7) darf der malerische Orient kurz durchbrechen, und natürlich bei der Geschichte über Herodes und Salome. Moreaus Gemälde (8) zeigt einen orientalischen Despoten und eine Tänzerin in kostbarem, nahezu durchsichtigem Stoff.
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Die meisten Künstler und Illustratoren hatten keine Ahnung, was die Menschen im Nahen Osten vor so vielen Jahrhunderten getragen hatten, und griffen auf ihre Phantasie zurück. Manche Illustratoren aus dem späten 19. Jahrhundert hatten aber einige Kenntnis von altägyptischer oder babylonischer Bekleidung. Es ist interessant zu sehen, dass in ihren geschichtsbewussten Bildern die Israeliten oder Juden wie Araber gekleidet sind, anstatt einen alttestamentarischen simlah zu tragen, einen Überwurf aus Wolle oder Leinen, der vom Hals bis die Knie reichte und kurze Ärmel oder gar keine hatte. Im Bild von David und Saul (9) trägt der König eine europäischen Krone, während David eine arabische keffiyeh trägt. Auf manchen Bildern (10, 11, 12) hat Joseph die (vermeintliche) altägyptische Mode adoptiert, während seine Brüder wie Araber gekleidet sind.
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Vielleicht haben die langen, arabisierenden Gewänder den Bibelzeichnern auch deshalb so gut gepasst, weil so viel Stoff darein ging. Die simlah ließ viel Bein sichtbar und die griechisch-römischen Tuniken des Neuen Testaments sogar noch mehr.
Fanden die Viktorianer es unpassend, Jesus in solchen spärliche Bekleidung abzubilden? Oder wollten sie den orientalischen Charakter der Juden betonen?

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Was nicht im Koran steht

Viele ungebildete1 Muslime behaupten irgendetwas und sagen dann zu Unrecht, dass es so im Koran steht. Ich bekomme auch Fragen, die anfangen mit den Wörtern: „Was sagt der Koran zu ….?“ Oft muss ich antworten, dass der Koran zu dem Thema gar nichts enthält; dann ernte ich ungläubige Blicke. Aber der Koran ist nun mal ein dünnes Buch.

Viele Missverständnisse über den Koran könnte man vermeiden, indem man ihn liest. Das ist aber nicht jedem vergönnt: Er ist ein schwieriger, altarabischer Text. Die entschiedensten Behauptungen über den Inhalt des Korans stammen von Menschen, die ihn nicht oder kaum gelesen haben oder sich nur auf ein paar ausgewählte Verse beschränken.
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Nichts
Zu den folgenden Themen „sagt“ der Koran gar nichts:

Die Scharia. Der Koran enthält eine Anzahl Rechtsregeln, die eine Grundlage der späteren Scharia bilden. Das Wort Scharia (sharī‘a) selbst steht einmal im Koran (K. 45:18), aber nicht in der modernen Bedeutung „Rechtssystem“; im Hadith übrigens genausowenig. Wie sollte es auch? Das Rechtssystem erreichte erst seit ± 800 seine volle Reife; bis es Scharia genannt wurde,  dauerte es noch länger.

– Das Kalifat. Das arabische Wort khalīfa, Pl. khulafā’, mit der Bedeutung „Stellvertreter, Nachfolger” taucht im Koran einige Male auf — aber nie in der Bedeutung von „Nachfolger Mohammeds” oder „Oberhaupt eines islamischen Staates”. Von zwei Propheten wird gesagt, dass Gott sie zum Kalifen machte: von Adam und David. In K. 2:30 heißt es:

  • Und damals, als dein Herr zu den Engeln sagte: „Ich werde auf der Erde einen Kalifen einsetzen,“ sagten sie: „Willst du dort einen einsetzen, der Unheil stiftet und Blut vergießt, wo wir dir lobsingen und deine Heiligkeit preisen?“

Aus dem Kontext wird klar, dass mit dem „einen“ Adam gemeint ist. Und in Vers 38:26 heißt es:

  • Dāwūd, Wir haben dich zu einem Kalifen auf Erden eingesetzt.

Was immer das Wort in diesen Versen bedeuten mag: Von Mohammed wird nie gesagt, Gott habe ihn zum Kalifen gemacht hat, geschweige denn von einem Menschen nach ihm. Jahrhundertelang haben Kalifen von sich behauptet oder behaupten lassen, sie seien Stellvertreter Gottes auf Erden. Im Koran findet das keine Unterstützung.

– Die Bestrafung im Grab, die Befragung durch die Engel Munkar en Nakir, eine Schlange im Grab, all das wird im Koran mit keinem Wort erwähnt. Allerdings im Hadith; siehe hier.

Märtyrer: Dass diese  sofort nach ihrem Tod ins Paradies kommen, wo zweiundsiebzig Jungfrauen als Belohnung warten — im Koran steht das nicht. Die einzig relevanten Verse hierzu sind 3:169–70:

  • Meine nicht, dass die, die im Kampf für Gottes Sache gefallen sind, tot sind! Nein, sie leben und ihnen wird bei ihrem Herrn Unterhalt beschert. Sie freuen sich über das, was Gott ihnen gibt von seiner Huld … usw.

Was in anderen Versen über die Wonnen im Jenseits erwähnt wird, fällt auch normalen Gläubigen zu. Märtyrer sind ein typisches Thema für Hadithe. Das mit den Jungfrauen könnte übrigens in einer großen Enttäuschung enden; siehe weiter hier.

Katzen und Hunde, darf man die als Muslim halten? Kein Wort steht darüber im Koran; siehe hier.

Das war natürlich nur eine Auswahl. Auch das Verbot, den Propheten abzubilden und das Beten fünf Mal am Tag stehen nicht im Koran.

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Unklar
Es gibt auch Themen, zu denen der Koran möglicherweise etwas aussagt, das aber nicht sehr klar tut. So zum Beispiel:

– Die Verschleierung der Frau wird, wie man behauptet, im Vers 24:31 thematisiert:

  • Und sage den gläubigen Frauen, sie sollen den Blick niederschlagen, ihre Scham (furūdj) keusch bedecken und ihre Zierde (zīna) nicht zeigen, außer dem, was davon sichtbar ist, und sie sollen ihre Tücher über ihren Kleiderausschnitt ziehen und ihre Zierde niemandem zeigen  außer ihren Ehemännern, ihren Vätern, Schwiegervätern, ihren Söhnen, Stiefsöhnen, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und ihrer Schwestern, ihren Frauen, ihren Sklavinnen, den männlichen Bediensteten, die keinen Geschlechtstrieb haben, und den Kindern, die noch nicht auf weibliche Geschlechtsteile (‘aurāṭ) achten. Sie sollen nicht mit den Füßen schlagen um auf ihre verdeckte Zierde aufmerksam zu machen.2

In groben Zügen sieht die hier empfohlene Frau aus wie meine Mutter und meine Schwester: Die schauen auch nicht frech aus der Wäsche und halten immer ihre Scham und ihre Brüste bedeckt — was ziemlich naheliegend ist. Ihren bescheidenen Schmuck zeigen sie freilich schon.
Aber auch Männer müssen ihren Blick niederschlagen und ihre furūdj bedecken (K. 24:30). Daraus ergibt sich, dass furūdj tatsächlich die Genitalien sind. Das Wort ‘aurāt ist weniger klar, aber offenbar ist es hier gleichbedeutend mit furūdj. Noch schwieriger ist zīna, „Zierde“. Und wieso wird die verdeckte Zierde bekannt, wenn eine Frau mit ihren Beinen schlägt —gegen einander, auf den Boden? Handelt es sich um klirrende Fußreifen? Hier herrscht für den unbefangenen Leser Unklarheit, aber natürlich nicht für die Exegeten, die immer alles wissen; dazu kommen wir gleich.

– Die Absonderung der Frau: Der einzige explizite Vers (33:53) handelt von den Frauen des Propheten, nicht von Frauen im Allgemeinen; siehe hier.

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Interpretationen
Es ist manchmal unerwartet schwierig, muslimischen Studenten den Unterschied klar zu machen zwischen dem, was im Koran steht, und dem, was Korankommentare dazu sagen. Oft ist es nur ein Kommentar, den sie zu Hause im Schrank stehen haben oder den der Imam zitiert hat; nicht selten ist es das Werk des dummen Ibn Kathīr (± 1300–73) — als hätten vierzehn Jahrhunderte Islam nichts Besseres gebracht!
Dabei ist es doch eigentlich nicht schwer. Eine Aussage steht entweder in Buch A (das grüne Buch mit „Koran“ auf dem Umschlag), oder zum Beispiel in Buch B (mehrbändig, mit braunem Einband, auf dem „Kommentar“ oder „Tafsīr“ steht). Die beiden Textsorten sind sogar physisch leicht auseinander zu halten.

Der Koranausleger at-Tabarī (gest. 923) beispielsweise hat sieben Seiten zum oben zitierten Vers 24:31 verfasst; er fand ihn bestimmt wichtig. Man findet dort tatsächlich Textkommentare, etwa zu dem Wort ihre Zierde: „Das sind Fußreifen, Armreifen, Ohrringe und Halsketten“. Das ist nüchterne Wissenschaft. Eine Frau könnte also demnach einfach den ganzen Schmuck auf der Straße gar nicht anziehen, sondern ihn in ihre Handtasche tun und sich dafür aber locker bekleiden. Aber so war es wohl nicht gemeint.
Daneben gibt es jedoch auch Dinge, die nichts mit den Versen zu tun haben. At-Tabarī fährt fort: „Der allgemeine Konsens ist, dass jeder, der das Gebet verrichtet, seine Scham bedecken soll und dass die Frau ihr Gesicht und ihre Arme beim Gebet bedecken soll und überdies ihren Körper verschleiern soll, außer dem, was der Prophet erlaubt hat, nämlich ihre Unterarme bis zur Hälfte.“ 3 Soll das wirklich Koranauslegung sein? Ein Bezug auf den kommentierten Vers ist kaum vorhanden.
Wenn der Koran für jemanden ein heiliger Text ist, muss dann der Kommentar eines späteren Muslims, der seit mehr als tausend Jahren tot ist, das auch sein? Schwieriger ist es mit dem Spruch des Propheten, den der Kommentar erwähnt; der ist ja für Muslime verbindlich. Aber er stammt aus einem Hadith und kommentiert hier nicht den zitierten Vers.
Wenn etwas nicht im Koran steht, ist es deshalb nicht unislamisch. Aber es wäre schön, wenn man zumindest die Textgattungen auseinander halten könnte: Koran, Auslegung (tafsīr) und Hadith.

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An den Haaren herbeigezogen
Schließlich gibt es Themen, über welche Muslime gerne etwas im Koran lesen würden, die dort aber mit keinem Wort erwähnt werden. In solchen Fällen wird oft ein Vers genommen und so interpretiert, dass es scheint, als stünde doch etwas darin.
Die oben erwähnte Bestrafung im Grab zum Beispiel wird gerne in Vers 40:11 erkannt: „Sie sagen: Unser Herr, Du hast uns zweimal sterben lassen und zweimal lebendig gemacht.“ At-Tabarī hat unter den ihm bekannten Auslegungen auch diese bewahrt: „Sie starben in dieser Welt und wurden im Grab auferweckt; dann wurden sie befragt oder zur Rede gestellt; dann starben sie in ihrem Grab und wurden im Jenseits nochmals auferweckt.“ Ob aber der Vers dies wirklich aussagen soll, lässt sich nicht nachweisen.

Und noch weitere Tricks werden angewandt: der bekannteste ist der mit dem Vers zur Steinigung. Über die Steinigung steht kein Wort im Koran. Man behauptet aber, es habe dazu einmal einen Vers gegeben:

  • Wollt nicht etwas anderes als eure Väter, denn das ist Unglauben in euch. Wenn [sogar] ein bejahrter Mann und eine bejahrte Frau Unzucht treiben, steinigt sie auf jeden Fall, als Strafe Gottes. Gott ist mächtig und weise.4

Dieser Vers soll „abgeschafft“ (mansūkh) worden sein. In diesem Fall ist sein Wortlaut abgeschafft: Er steht nicht im Koran, aber die darin enthaltene Rechtsregel ist noch gültig, denn in den Hadithen ist von Steinigung durchaus die Rede. Die Abschaffung ist eine lästige Sache, die einen Sonderbeitrag braucht.

 

ANMERKUNGEN
1. Ich meine natürlich ungebildet im Umgang mit alten Texten. Jemand kann Installateur sein, Bäcker, Pflegekraft, Ingenieur oder Arzt, aber zugleich sehr naiv, ja nahezu Analphabet sein, wenn es auf Textverständnis ankommt. Solche Menschen sind oft willige Opfer der häufig ebenfalls schlecht ausgebildeten islamischen geistigen Führer.
2. Ich habe die lange Auflistung der Verwandten hier klein gedruckt um nicht von der Kleidung abzulenken.
3. Man würde meinen, dass auch die Handgelenke bedeckt sein müssen, damit die Armreifen unsichtbar bleiben. Aber nein, da ist der Konsens ganz pragmatisch: Um Arbeiten im Haushalt zu ermöglichen, wie z.B. Teig kneten, dürfen die Unterarme bis zur Hälfte sichtbar sein.
4. لا ترغبوا عن آبائكم فانه كفر بكم. والشيخ والشيخة إذا زينا فارجموهما البتة نكالا من الله والله عزيز حكيم . Ibn Isḥāq, Sīra 1015, aṭ-Ṭabarī, Ta’rīkh i, 1821, Mālik ibn Anas, Muwaṭṭaʾ, Ḥudūd 10, Ibn Sa‘d, Ṭabaqāt, Hrsg. Sachau iii, i blz. 242 e.a.; Th. Nöldeke in Geschichte des Qorans, Bd. 1, Leipzig 1909, 248–9.

Diakritische Zeichen: ḫalīfa, ḫulafāʾ,  furūǧ, ʿaurāt, Ibn Kaṯīr , aṭ-Ṭabarī, mansūḫ, Ibn Isḥāq, aṭ-Ṭabarī, Tarīḫ, Muwaṭṭaʾ, ḥudūd, Ṭabaqāt

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Das Gewand hochziehen

Assyrische Reliefs im British Museum (8. Jh. v. Chr.) zeigen uns arabische Krieger in Lendenschurzen bis etwas oberhalb des Knies, die durch schmale, später auch breitere und dickere Gürtel am Platz gehalten werden. Aber vielleicht diente dieses Tuch nur als praktische Kampfkleidung, während man zu Hause im Zelt etwas Längeres anhatte?

Das lange Männergewand scheint aus dem Norden zu stammen. Ein Araber auf einem Relief, nicht in einer Kampfszene, trägt ein längeres Gewand in nordsyrischem Stil. Die Stoffe mussten ja auch aus dem Norden kommen. Oder ganz aus dem Süden: Viele Kleidungsstücke haben jemenitische Namen. Mittelarabien hatte genug Wolle, aber keinen Flachs zur Leinenherstellung.

Nach Herodot (484–425 v. Chr.)1 trugen sie eine ζειρά (seira), das ist ein langer Lendenschurz, der bis unter die Fußgelenke geht. Seira wird wohl nicht, wie ich anfangs meinte, das arabische Wort izāra sein, d.h. ein Lendentuch bis unterhalb des Knies. Die seira wurde auch in Teilen Griechenlands getragen und es ist unwahrscheinlich, dass die alten Griechen ihrer Kleidung arabische Namen gaben.

Als der Islam aufkam, wurde das uns wohlbekannte lange Männergewand also schon lange getragen. Zu solchen Gewändern passt das arabische Wort tashmīr, das Aufkrempeln oder Hochziehen. Vielleicht haben die alten Araber auch ihre Ärmel aufgekrempelt, aber vor allem denkt man bei diesem Wort an das Hochziehen des Gewandes, das mittels eines Gürtels um die Hüften  befestigt wird, so dass die Unterschenkel frei werden und man sich flotter bewegen kann. Hochgekrempelt wird das Gewand, wenn gerannt, gearbeitet oder gekämpft werden muss. Dies war schon in alttestamentlichen Zeiten bekannt, wie der biblische Ausdruck: „um die Lenden gegürtet“ (2. Mose 12:11 u.v.a.) beweist. Dort wird es bei ähnlichen Aktivitäten gemacht.

In Koran 68:42 wird mit Bezug auf den Jüngsten Tag gesagt يومَ يُكشف عن ساق , „am Tag, da ein Unterbein entblößt wird …,“ was auf das Hochziehen des Gewandes hinausläuft — wessen Bein ist das aber?

Es gab Ausleger, die meinten, es betreffe Gottes Bein.2 So merkwürdig ist das nicht: Der Koran spricht von Gottes Auge und Gottes Hand; warum sollte Gott nicht auch ein Bein haben? Es gab in der Tat Muslime, die diese Ausdrücke wortwörtlich nahmen — natürlich ohne zu fragen, wie das Bein wohl aussähe. Bilā kaif („ohne zu fragen wie“) war die orthodoxe Losung. Verständlich: Sonst würden nur seltsame Fragen aufkommen. Andere Kommentare meinten, dass der Satz die Beine der in der Hölle gequälten Menschen betreffe.3 So fasst es auch der Koranübersetzer M.A. Rassoul auf: „am Tage, wenn die Beine entblößt werden“. Der Amerikaner Majid Fakhry dachte noch etwas weiter; er übersetzt: „… when nothing shall be concealed.“ Das erinnert an unseren Ausdruck: „Er muss die Hosen herunterlassen“ — keine Wahrheit kann mehr verborgen bleiben.

Der Ausdruck wird ursprünglich mit dem Aufkrempeln des Gewandes zu tun gehabt haben, war aber wohl längst idiomatisch geworden, so dass nicht mehr an ein konkretes Bein gedacht werden musste. So wie wir bei „die Ärmel hochkrempeln“ und „seine Hände in Unschuld waschen“ meist auch nicht an echte Ärmel oder Hände denken. Dann bedeutet der koranische Ausdruck so etwas wie: „am Tag, da es heftig hergehen wird“.

ANMERKUNGEN
1. Herodotus, Historiae vii, 69.
2. U.a. al-Buḫārī, Ṣaḥīḥ, Tafsīr sūra 68, 2.
3.

Sonstige Kleidung
• Damen: Kopftuch, Schleier, Burka & Co, Tschadorhot pants. Siehe auch Hidschab.
• Herren: Burka, Arabische Kleidung in der Bibel

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Die Absonderung der Frau (Hidschab)

Die Gewohnheit Frauen einen abgesonderten Raum in Zelt oder Haus zu geben, in die fremde Männer keinen Zutritt haben, gab es in Arabien schon vor dem Islam. Wenn eine Dame ihren eigenen Raum verließ, tat sie dies idealerweise in einer mit Vorhängen versehenen Sänfte oder mit einem bedeckenden Gewand um sich drapiert. Diese beiden Erfindungen sind als bewegliche Frauenzimmer zu betrachten. Für Frauen niederen Standes und für Sklavinnen kam es nicht so genau darauf an.
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Noch mal nachzugehen wäre, ob es schon in der Antike Abbildungen von verschleierten arabischen Frauen gegeben hat; ich vermute dass es einiges gibt. Zur Hand habe ich hier nur ein Fragment vom Kirchenvater Tertullian (± 150–220), lange vor dem Islam, der auch christliche Frauen gerne verschleiert gesehen hätte und ihnen die arabischen Frauen als Beispiel hinstellte,

  • „die nicht nur ihren Kopf, sondern auch ihr Gesicht so gänzlich bedecken, dass sie, mit nur einem Auge frei, sich lieber mit halb so viel Licht begnügen als ihr ganzes Gesicht feil zu bieten; eine Frau will ja lieber sehen als gesehen werden“.1

Nach der ebenfalls vorislamischen jüdischen Mischna sollten die in Arabien wohnhaften Jüdinnen, wenn sie am Sabbat ausgingen, in Anlehnung an die Gewohnheit vor Ort, einen Schleier tragen, der das Gesicht bedeckte, die Augen aber frei ließ.2
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Im Islam ist die Absonderung der Frau eine Institution geworden. Die koranische Grundlage besteht aus einigen wenigen Koranversen, die unterschiedlich interpretiert werden können. Einer davon ist der „Vers der Absonderung“ (hidjāb), der einige Verhaltensregeln für Besucher in den Wohnungen des Propheten enthält. Die relevanten Worte sind:

  • Und wenn ihr die Gattinnen des Propheten um etwas bittet, das ihr benötigt, dann tut das hinter einem Vorhang (hidjāb)! Auf diese Weise bleibt euer und ihr Herz eher rein.3

Kein direkter Kontakt mit den Frauen des Propheten also; von anderen Frauen wird nicht geredet. Wie der Vorhang aussah, wird nicht erläutert; für die ersten Hörer des Verses wird es klar gewesen sein.
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Die jahrhundertealte islamische Koranauslegung erzählt oft, mit welchem Anlass, bei welcher Gelegenheit ein bestimmter Koranvers offenbart worden sei (sabab an-nuzūl, Anlass zur Offenbarung). Bei manchen Versen bestehen sogar mehrere Erzählungen zum jeweiligen „Anlass“.
Die bekannteste Erzählung zu Koran 33:53 erzählt, wie Gäste bei einer der Hochzeiten des Propheten etwas störend in dessen Privatsphäre anwesend gewesen seien und, als er nach dem Festmahl seine Hochzeitsnacht habe antreten wollen, nicht weggegangen seien. Das bezieht sich vor allem auf den hier oben nicht zitierten Teil des Koranverses.
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Aber es kursieren zu diesem Vers noch drei andere „Anlässe“, alle aus dem 9. Jahrhundert. Eine dieser Erzählungen lautet:

  • Als der Prophet mit einigen seiner Gefährten beim Essen war, berührte die Hand eines von ihnen diejenige [seiner Frau] Aischas. Das fand der Prophet nicht angenehm und darauf wurde der „Vers der Absonderung“ (āyat al-hidjāb) offenbart.4

In einer anderen Erzählung ergreift der spätere Kalif ‘Umar die Initiative:

  • ‘Umar erzählte: Ich sagte: „Prophet, jedermann läuft bei deinen Frauen ein und aus; wenn du ihnen mal auftragen würdest sich abzusondern?“ Und darauf wurde der „Vers der Absonderung“ offenbart.5

In einer dritten Erzählung, die von Aischa erzählt wird, spielt ‘Umar ebenfalls die Hauptrolle:

  • Die Frauen des Propheten waren es gewohnt, abends hinauszugehen, um sich an ruhigen Orten mit viel Frischluft zu entleeren. ‘Umar hatte dem Propheten schon gesagt, er möge doch seine Frauen absondern, aber dieser hatte das nicht getan. Also ging Sauda, die Frau des Propheten, eines Abends hinaus—sie war eine hochgewachsene Frau—und ‘Umar rief ihr, so laut er konnte, zu: „Wir haben dich schon erkannt, Sauda!“—begierig wie er war, dass Gott den [„Vers der] Absonderung“ offenbaren würde. Darauf offenbarte Gott den [„Vers der] Absonderung“.6

‘Umar war richtig stolz auf seine Initiative:

  • Gott und ich waren uns in drei Punkten einig: …7

und dann werden drei Koranverse erwähnt, die auf ‘Umars Initiative offenbart sein sollen; darunter also  der „Vers der Absonderung“.
Sekundär ist eine andere Erzählung, die das Motiv von Saudas Toilettengang auch noch mal verwendet:

  • […] von Aischa: Sauda ging eines Abends hinaus, um sich zu entleeren, als die Absonderung schon Pflicht geworden war. Sauda war eine hochgewachsene Frau, die deutlich über die anderen Frauen hinausragte. ‘Umar bemerkte sie und rief: „Hey Sauda, wir haben dich schon gesehen! Schau doch mal, wie du herumläufst!“
    Sie lief schnell davon und ging zurück zum Propheten, der gerade beim Abendessen war. Sie erzählte ihm, was passiert war, und was ‘Umar zu ihr gesagt hatte. Dann schwitzten ihm die Hände und er empfing eine Eingebung, mit dem Schweiß in den Händen, nämlich: „Es ist euch erlaubt hinaus zu gehen, um euch zu entleeren.“ 8

Offensichtlich gab es Muslime, die meinten, Frauen sollten ihre Wohnung überhaupt nicht verlassen; weder um sich zu entleeren noch um die Moschee zu besuchen (darüber gibt es viele andere Texte). Der zuletzt zitierte Text, mit dem ungeschickt erzählten Schluss, versucht mit prophetischer, ja nahezu göttlicher Autorität durchzusetzen, dass Frauen doch hinausgehen dürfen um sich zu entleeren. Der Prophet gerät ins Schwitzen, wie so oft, wenn er eine Offenbarung empfängt. Es kommt auch etwas; nur ist es keine Offenbarung, kein Koranvers, sondern eine „Eingebung“ (wahy), die hier frecherweise als genau so verbindlich wie ein Koranvers dargestellt wird.

Zu den Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Propheten und ‘Umar, s. den Artikel hier.

ANMERKUNGEN
1. Tertullian, De virginibus velandis, cap xvii: Iudicabunt vos Arabiæ feminæ ethnicæ, quæ non caput sed faciem quoque ita totam tegunt ut, uno oculo liberato, contentæ sint dimidiam frui lucem, quam totam faciem prostituere: mavult femina videre quam videri.
2. Schabbat vi, 6: ‎ערביות יוצאות רעולות.
3. Koran 33:53, Übersetzung Paret. وَإِذَا سَأَلْتُمُوهُنَّ مَتَاعًا فَاسْأَلُوهُنَّ مِنْ وَرَاءِ حِجَابٍ ذَلِكُمْ أَطْهَرُ لِقُلُوبِكُمْ وَقُلُوبِهِنَّ
4. At-Tabarī, Tafsīr zum Vers:

حدثني يعقوب، قال ثنا هشيم، عن ليث، عن مجاهد: أنّ رسول الله صلي الله عليه وسلم كان يطعم ومعه بعض أصحابه، فأصابت يد رجل منهم يد عائشة، فكره ذلك رسول الله ص، فنزلت آية الحجاب.

5. At-Tabarī, Tafsīr zum Vers:

حدثنا ابن بشار، قال ثنا ابن أبي عدي، عن حميد، عن أنس بن مالك، قال: فال عمر بن الخطّاب: “ قلت لرسول الله ص: لو حجبت عن أمهات المؤمنين، فإنه يدخل عليك البرّ والفاجر، فنرلت آية الحجاب.“

6. Muslim, Salām 18:

‎حدثنا عبد الملك بن شعيب بن الليث حدثني أبي عن جدي حدثني عقيل بن خالد عن ابن شهاب عنعروة بن الزبير عن عائشة أن أزواج رسول الله ص كن يخرجن بالليل إذا تبرزن إلى المناصع وهو صعيد أفيح وكان عمر بن الخطاب يقول لرسول الله ص احجب نساءك فلم يكن رسول الله ص يفعل فخرجت سودة بنت زمعة زوج النبي ص ليلة من الليالي عشاء وكانت امرأة طويلة فناداها عمر ألا قد عرفناك يا سودة حرصا على أن ينزل الحجاب قالت عائشة فأنزل الله عز وجل الحجاب.

7. Bukhārī, Fadā’il al-qur’ān 2, 9

باب واتخذوا من مقام إبراهيم مصلى …/ مثابة K. 2:125 يثوبون يرجعون

حدثنا مسدد عن يحيى بن سعيد عن حميد عن أنس قال قال عمر: وافقت الله في ثلاث أو وافقني ربي في ثلاث. قلت يا رسول الله لو اتخذت مقام إبراهيم مصلى. وقلت يا رسول الله يدخل عليك البر والفاجر فلو أمرت أمهات المؤمنين بالحجاب فأنزل الله آية الحجاب. قال وبلغني معاتبة النبي صلى الله عليه وسلم بعض نسائه فدخلت عليهن قلت إن انتهيتن أو ليبدلن الله رسوله ص خيرًا منكن حتى أتيت إحدى نسائه قالت يا عمر أما في رسول الله ص ما يعظ نساءه حتى تعظهن أنت فأنزل الله عسى ربه إن طلقكن أن يبدله أزواجًا خيرًا منكن مسلمات K. 66:5 الآية وقال ابن أبي مريم أخبرنا يحيى بن أيوب حدثني حميد سمعت أنسًا عن عمر.

8. At-Tabarī, Tafsīr zum Vers:

… عن آبن وكيع بن نمير، عن هشام بن عروة عن عروة عن عائشة أم المؤمنين: خرجت سودة لحاجتها بعد ما ضرب علينا الحجاب وكانت امرأة تفرع النساء طولاً فأبصرها عمر فناداها: يا سودة إنّك واﷲ ما تخفين علينا فانظري كيف تخرجين أو كيف تصنعين فانكفأت فرجعت الى رسول اﷲ ص وإنّه ليتعشّى فأخبرته بما كانوما قال لها وان في يده لعرقًا فأوحى إليه، ثم رفع عنه وان العرق لفي يده. فقال: لقد أذن لكنّ أن تخرجن لحاجتكنّ.

Diakritische Zeichen: ḥiǧāb, hidschab, waḥy, aṭ-Ṭabarī, Buḫārī, Faḍāʾil al-qurʾān

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Burka for men

Arabische Männer tragen traditionell keine Burkas,1 vielleicht weil sie das mit Weiblichkeit assoziieren. So verzichten sie auf ein praktisches Kleidungsstück, das den Träger vor Sonnenbrand, Staub, Sand und einem unangenehmen Ausblick schützt, und seinen Gegenüber gegebenenfalls vor dem Anblick einer abstoßenden Visage oder einer schlechten Frisur. Die Tuareg haben das besser verstanden; bei ihnen trugen und tragen die Männer tiefblaue Gesichtsschleier.
In Bagdad verschleierte sich früher nur gelegentlich ein empfindlicher Mann, wie z.B. Ibn Djāmi‘, der Freund des Ibn Dāwūd al-Isbahānī (± 868–910). Ibn Djāmi‘ hatte keine abstoßende Visage; im Gegenteil, er fand sich viel zu schön für die Öffentlichkeit. Als der Kalif – laut einer Anekdote – ihn einmal um ein Beispiel seiner Rücksicht auf Ibn Dāwūd bat, antwortete er:

  • Ich ging einmal ins Badehaus und als ich es wieder verlassen wollte, schaute ich in den Spiegel und fand mein Spiegelbild schöner als je zuvor. Ich bedeckte mein Gesicht und schwor, dass niemand vor ihm es zu sehen bekomme. Dann ging ich eilends zu ihm; er nahm meinen Schleier ab und schaute mich an. Er war froh und glücklich, und sagte: Es gibt keinen Gott außer Gott! Lob sei Ihm, der ihn erschaffen hat! Darauf rezitierte er den Koranvers 3:6: „Er ist es, der euch im Mutterleib gestaltet, wie er will.“ Ich erzählte ihm, wie es mir zumute gewesen sei, und blieb den Tag bei ihm.2

Ein Text aus dem 13. Jh. kennt das Phänomen des verschleierten Mannes ebenfalls:

  • […] Daher erzählt einer der leute, die etwas von der liebe verstehen, er habe einmal zugehört, wie ein geliebter seinen liebhaber mit vorwürfen überschüttete, die so hart waren, das es dem zuhörer zu herzen ging. Dieser wollte nach dem vorfalle den geliebten zur rede stellen wegen der behandlung, die er dem liebenden hatte zuteil werden lassen. Doch als dieser zu ihm herauskam, war er verschleiert (mubarqa‘). Als er fragte, was das bedeute, sprach jener: Er hat meine harte vorwürfe ertragen, er ist zu mir aus seiner heimat ausgewandert, um mein gesicht sehen zu können. Darum lasse ich niemand mein gesicht sehen als ihn.3

Auch heute können Männer ihr Gesicht verschleiern; zum Beispiel ob der Diskretion. Irakische Polizisten umwickeln ihren Kopf, um unerkannt zu bleiben; sie wären sonst ihres Lebens nicht sicher. Man behauptet, Burkas würden gelegentlich auch von Bankräuber und Terroristen verwendet. Das wird eher eine Großstadtlegende (moderne Sage; urban legend) sein; im Nahen Osten achtet man ja sehr genau auf die Bewegungen des weiblichen Körpers und es ist unwahrscheinlich, dass Selbstmordattentäter für die gute Sache mit ihrem Allerwertesten wackeln möchten. Sich in Burka vermummende Männer werden auch in dem Hit der afghanischen Burka Band erwähnt, die leider nur kurz existierte.

jewish-men-wearing-burkasStrenggläubige Muslime sollten sich vielleicht an ultraorthodoxen jüdischen Männern ein Beispiel nehmen. Diese verschleiern nicht ihre Frauen, sondern benutzen selbst Augen- und Seitenklappen um die verführerischen Frauen nicht sehen zu müssen.
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Die Burka hat auch eine erotische Funktion. Hier ein verschleierter Afghane beim Schwofen. In Europa wird der erotische Wert der Burka, auch in der Latex-Version, vor allem in Fetischistenkreisen erkannt, bei Frauen wohl noch eher als bei Männern. Aber seit Michael Jackson mal eine Abaya anzog, bei einem Tag shoppen in Bahrein, galt es auch in bestimmten homosexuellen Kreisen in London als cool, sich in einer Burka eben nicht zu zeigen. Ein Trend ist es wohl nicht geworden; die betreffenden Webseiten, die auch die Möglichkeit boten Burkas zu kaufen, sind wieder verschwunden.

ANMERKUNGEN:
1. Burka ist ein arabisches Wort: burqu‘ oder burqū‘ oder burqa‘ (برفع، برقوع). Ich schreibe es auf Deutsch, weil es vor allem in Westeuropa üblich ist. Das Wort ist aus Afghanistan zu uns gekommen, wo es über Indien gelandet war. In Afghanistan heißt das betreffende Kleidungsstück jedoch Tschaderi (چادرى‎).
2. As-Safadī, Salāh ad-dīn Khalīl ibn Aibak, al-Wāfī bi’l-wafayātDas Biographische Lexikon usw., hg. Helmut Ritter, İstanbul/Leipzig 1953, iii, 59–60:

دخل على ابن داود ابراهيم بن (محمد) نفطويه وقي ضنى على فراشه فقال له: يا أبا بكر ما هذا مع القدرة والمحبوب مساعد؟ فقال: أنا في آخز يوم من أيام الدنيا لا أنالني الله شفاعة محمد ص إن كنت حللت سراويلي على حرلم قط. حدثني أبي العباس: قال رسرل الله ص: من عشق فكتم وعفّ وصبر ثم مات مات شهيدا وأدخله الله الجنة.

3. Ibn al-Dabbāġ (gest. 1296). Zitiert in Helmut Ritter, Das Meer der Seele, Leiden 1955, 383. Arabischer Text nicht zur Verfügung.

Kleidung
• Damen: Kopftuch, Schleier, Burka & Co, Tschadorhot pants
• Herren: Lendentuch, langes Gewand, Arabische Kleidung in der Bibel

Diakritische Zeichen: Ibn Dāwūd al-Iṣbahānī, Ibn Ǧāmiʿ, mubarqaʿ

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Die Arabisierung der Bibel

JezusverjaagthandelaarsIn Kinderbibeln und Bibelfilmen aus Hollywood tragen die Palästinenser aus Jesu Zeit oft Kleidung, die arabisch anmutet. Die Arabisierung der Bibel war ein Prozess, der Jahrhunderte gedauert hat. Als man in der Zeit der Kreuzzüge begann hochwertige Stoffe aus dem Nahen Osten zu importieren, zog man auf Gemälden den biblischen Gestalten orientalische Kleider an anstatt der europäischen, die sie auf älteren Gemälden noch getragen hatten. Auch Rembrandt muss eine Truhe türkischer Kleider zur Hand gehabt haben. Natürlich war man sich bewusst, dass die biblischen Erzählungen sich in Palästina, also im sogenannten Orient abgespielt hatten, wenn auch das biblische Ambiente nie so „orientalisch“ wird wie die wirkliche Arabische Welt. Der Orient war einfach zu frivol für christliche Zwecke.

Im 19. Jahrhundert, als die bis heute bildbestimmenden Illustrationen zur Bibel entstanden, hat man auf die Kleidung geschaut, die palästinensische Bauer und Fischer damals trugen, und diese nach freier Fantasie umgemodelt. Überwiegend nüchterne, bescheidene Kleidung ist es geworden. Typisch arabische Kopfbedeckungen werden angewandt; bei Jesus selbst eher nicht, weil die sein charismatisch wallendes Haar verhüllen würden. In der neutestamentlichen Umgebung sehen wir einen matten Orient: billige Gewänder und brave Gesichter; keine noblen Wilden oder stolzen Kämpfer; vielmehr rauhbeinige, aber aufmerksam zuhörende Bauerntypen.

Nur bei den Drei Königen darf der malerische Orient kurz durchbrechen, und natürlich bei der Geschichte über Herodes und Salome. Dort ist Raum für einen orientalischen Despoten und eine Tänzerin in kostbarem, nahezu durchsichtigem Stoff.
Vielleicht haben die langen, arabisierenden Gewänder den Bibelzeichnern auch gut gepasst, weil so viel Stoff darein ging. In der griechisch-römischen Kleidung war viel nackte Haut sichtbar, und die Tuniken ließen sich leicht ausziehen. So konnte man Jesus und seine Jünger schwerlich aussehen lassen. Jesus oben ohne, das geht nur, wenn er am Kreuz hängt; das hat eine eigene Erotik. Aber die Bergpredigt mit entblößter Brust? Lieber nicht.

Kleidung
• Damen: Kopftuch, Schleier, Burka & Co, Tschadorhot pants
• Herren: Lendentuch, langes Gewand, Burka

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Hot pants in Kairo

1971–72 studierte ich an der Kairoer Universität. Eine beträchtliche Anzahl Studentinnen trug in dem Frühling hot pants: „heiße Höschen“, mit einem Herzchen oder einem Kussmund draufgenäht. Niemand glaubt mir, wenn ich das erzähle; ich habe keine Fotos und finde sie auch nicht im Internet. Kann jemand helfen? Man sollte nicht vergessen, dass die ganze Verschleierei in Ägypten erst ab 1976 Einzug hielt.

Kleidung
• Damen: Kopftuch, Schleier, Burka & Co, Tschador
• Herren: Lendentuch, langes Gewand, Burka, Arabische Kleidung in der Bibel

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Burka & Co

Cqniow-WIAAe3UJDie Burka für Damen ist so kaputtgeredet, dass ich keine Lust habe sie ausführlich zu behandeln. Dasselbe gilt für Nikab, Tschador usw.

Die Burka ist in der islamischen Welt, was high heels in Europa und Amerika sind.

Burkaträgerinnen und Stöckelschuhträgerinnen haben Folgendes gemeinsam: Sie begnügen sich mit einem Outfit, das sie in ihren Bewegungen einschränkt, um den realen oder vermeintlichen Wünschen anderer Menschen (oft Männer) entgegenzukommen.

Des Weiteren haben sie gemeinsam, dass sie das oft verneinen und behaupten, dass sie diese Tracht selbst gewählt haben, die ja ein Zierat für die Frau ist und in der sie sich sauwohl pudelwohl einfach wohl fühlen.

Die Verneinerinnen lügen nicht. Sie haben das Bekleidungs- bzw. Schuhideal ihrer Umgebung verinnerlicht, tatsächlich zu ihrem eigenen Ideal gemacht, so dass sie sich wirklich dafür entscheiden konnten.

Bei manchen Frauen spielt vielleicht eine Rolle, dass solch hinderliche Kleidung oder Schuhe sie von allerlei lästigen Pflichten befreit. Sie können jemanden zum Einkaufen ausschicken und die grobe Arbeit anderen überlassen; sie müssen nicht über Kopfsteinpflaster oder durch Schlamm gehen. Behindernde Kleidung und Schuhe wurden von alters her von Damen getragen. Arbeitende Frauen hatten natürlich etwas anderes in und auf dem Kopf.

Kleidung
• Damen: Kopftuch, Schleier, Tschador, hot pants
• Herren: Lendentuch, langes Gewand, Burka for men, Arabische Kleidung in der Bibel

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